Hertha holt Heuschrecke ins Haus

BULLE Die Berliner gewinnen mit dem Finanzinvestor KKR gut 61 Millionen Euro und verlieren gegen die Nürnberger 1:3

BERLIN taz | Die Suche hat sich ewig hingezogen. Über ein Jahrzehnt bereits hat Hertha BSC Ausschau nach einem strategischen Partner gehalten, um sich von der eigenen Schuldenlast zu befreien. Aktuell steht der Verein mit mit knapp 37 Millionen Euro in den Miesen. Lange haben die Investoren davor zurückgeschreckt, mit der „alten Dame“ anzubändeln. Doch am Freitag verkündete man bei Hertha stolz die neue Partnerschaft.

Zweifellos haben sich die Berliner da auf einen besondere Liaison eingelassen. Denn mit der Private-Equity-Firma Kohlberg Kraven Roberts & Co (KKR) mischt erstmals ein Finanzinvestor in der Fußball-Bundesliga mit. Und der Umfang des Engagements von KKR in Berlin von 61,2 Millionen Euro deutet darauf hin, dass man einen bleibenden Eindruck hinterlassen will.

Die Aussicht auf eine goldene Zukunft konnte die Profis am Sonntag beim Duell gegen den 1. FC Nürnberg allerdings nicht beflügeln. Trotz einer klaren Feldüberlegenheit mussten sich die Berliner den Franken mit 1:3 geschlagen geben. Nach der frühen Führung von Adrian Ramos (4.) drehten Markus Feulner (20.) und Josip Drmic (68./90.) mit ihren Treffern die Partie.

Die Hertha-Funktionäre sind indes bemüht, die Vorteile der neuen Partnerschaft herauszustellen, weiß man doch um das miserable Image der Finanzinvestmentbranche im Allgemeinen (rücksichtslose Gewinnmaximierung) und im Speziellen um den schlechten Ruf von KKR.

Zwei Journalisten, die einen Deal der US-amerikanischen Firma KKR dokumentierten, gaben ihrem Buch einst den Titel: „Die Barbaren stehen vor der Tür“. Derlei Geschichten mag die Angst der Hertha-Fans befeuern, die in Internetforen vor dem Ausverkauf des Vereins warnen.

Das Hertha-Investment von KKR, teilt sich wie folgt auf: Für 18 Millionen Euro erhält KKR 9,7 Prozent der Hertha Kommanditgesellschaft auf Aktien (KGaA). Weitere 36 Millionen erhält der Klub im Vorgriff auf künftige Lizenzgebühren. Und gut 7 Millionen landen als Handgeld für den Vertragsabschluss auf dem Vereinskonto. Falls KKR seine Klubanteile wie im Vertrag eingeräumt auf 33,3 Prozent erhöht, würde kein neues Geld fließen. Hertha müsste aber dann von den vorgeschossenen 36 Millionen Euro auch nichts zurückzahlen. Ingo Schiller, der Finanzchef des Berliner Bundesligisten, legte aber Wert auf die Feststellung, dass das KKR-Geld kein Darlehen sei, sondern die „Eigenkapitalseite“ stärken würde. In den letzten Jahren schon hat sich der Verein als sehr findig erwiesen, wenn es darum ging, die Bilanz zu schönen. Im letzten Geschäftsjahr etwa wurde durch den Verkauf von Cateringrechten von 2014 bis 2020 das eingefahrene Minus von 7,8 Millionen Euro als Petitesse abgehandelt.

Der Millionen-Deal mit KKR ermöglicht es den Berlinern, ihre Bankkredite zu tilgen und dazu verkaufte Rechte zurückzuholen. Manager Michael Preetz versuchte indes den Verdacht zu zerstreuen, der Verein habe sich in neue Abhängigkeiten begeben. In sportlichen Entscheidungen bleibe man frei, betonte er. Man wolle weiterhin auf den Nachwuchs setzen und mit Augenmaß investieren. Mal sehen, wie das der neue Partner goutiert, der mit einer Person im Aufsichtsrat vertreten ist. Wenn man sich im Falle von Hertha bei der KKR ausnahmsweise einmal vielleicht keine Rendite verspricht, so will man dafür gewiss sportliche Erfolge sehen.

JOHANNES KOPP