Erwachsenenbildung im Lobbyloch

Nachdem die Bremer Volkshochschule 2005 noch einen ausgeglichenen Haushalt hatte, steht sie nun vor „unauflösbaren Mindereinnahmen“. Dafür darf sie endlich umziehen – nach 40-jähriger Domizilsuche

„Zurzeit tun alle so, als ob die Leute mit 18 Jahren sterben würden.“ Zwar gebe es die wohlfeile „Sprechblase vom lebenslangen lernen“, ergänzt Bremens Volkshochschul-Direktorin Barbara Loer. Fakt sei jedoch, dass Erwachsenenbildung derzeit keine Lobby habe. Die Konzentration liege fast ausschließlich auf den – selbstverständlich auch sehr wichtigen – Bereichen frühkindliche Bildung und Schule.

Für die Bremer Volkshochschule bringt diese Großwetterlage ziemlich konkrete Niederschläge mit sich. Sowohl das Bildungs als auch das Kulturressort haben ihre Zuschüsse für 2006 reduziert, so dass ein Minus von 300.000 Euro aufzufangen ist. Die übrig gebliebene Förderung von 2,5 Millionen Euro reiche nicht mal zur Finanzierung der fixen Personalkosten, sagt Loer – was unter den großstädtischen Volkshochschulen der Bundesrepublik ein Unikum sei.

In der Tat steht beispielsweise Hamburg deutlich besser dar: Auch dort wurde kürzlich um 2,2 Millionen Euro gekürzt – die jedoch bestanden aus Geldern für die für Schulabschluss-Kurse und „Ersatzmitteln für Ermäßigungstatbestände“, die Bremen Jahre zuvor ohnehin schon hatte abgeben müssen.

Immerhin ist die Bremer VHS endlich drauf und dran, die lang ersehnte Zentrale in der Innenstadt zu beziehen. Seit Jahrzehnten forderte die Einrichtung, deren 3.850 Kurse bislang auf 230 Standorte verteilt sind, ein geeignetes Gebäude. Kommenden Sommer nun soll der Umbau eines ehemaligen jüdischen Kaufhauses abgeschlossen sein, das seinerzeit zur modernsten Architektur Bremens zählte. Der Pferdefuß dieses glücklichen Odyssee-Endes ist allerdings wieder das Geld: Bedingung für den Umzug war, dass die VHS in die zehnprozentige Etat-Kürzung seitens des Kultursenators einwilligte. Sein Kollege von der Bildung hatte den Rotstift ohnehin ohne Gegenleistung angesetzt.

Das Haus spart tapfer: Die Angebote für Zuwanderer, Ältere, Jugendliche sowie in den Bereichen politische Bildung und Stadtteile wurden um bis zu 25 Prozent reduziert, die Einnahmeerwartung bei den lukrativeren Sprach und EDV-Kursen flugs um 160.000 Euro angehoben – damit das Konzept der Quersubventionierung innerhalb der Kursbereiche überhaupt noch aufrecht erhalten werden kann. Trotzdem bleibe unter dem Strich immer noch ein „unauflösbarer Minderbetrag“ von 57.000 Euro, hat Loer errechnet. Auch die „Fides-Treuhandgesellschaft“, die die VHS betriebswirtschaftlich begutachtet, bestätigt das „hohe wirtschaftliche Risiko“, das die Kürzungen mit sich brächten.

Schon zuvor stand die Bremer VHS mit 63,34 Euro Zuschuss pro Belegung auf dem vorletzten Platz eines Subventions-Rankings unter zehn Vergleichs-Volkshochschulen. Mit nur 16 pädagogischen MitarbeiterInnen steht sie personalpolitisch am schlechtesten da. Schwacher Trost: Als städtischer Eigenbetrieb muss sie – im Gegensatz zu einer GmbH wie dem Bremer Theater – keine Insolvenz fürchten. Henning Bleyl