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Archiv-Artikel

SPD gegen Kinderunterhalt für arme Eltern

Arbeitsminister Müntefering lehnt Vorschlag von CDU-Generalsekretär Pofalla ab. Union sucht weiter nach ihrem Profil

BERLIN taz ■ Die Kinder von Arbeitslosen müssen sich vorerst keine Sorgen machen, dass sie zur finanziellen Unterstützung ihrer Eltern verpflichtet werden. Arbeitsminister Franz Müntefering (SPD) ließ gestern entsprechende Forderungen von CDU-Generalsekretär Ronald Pofalla zurückweisen. Die Einführung einer Unterhaltspflicht für Kinder sei „völlig undenkbar“, habe Arbeitsstaatssekretär Gerd Andres (SPD) bereits erklärt. „Dem ist eigentlich nichts hinzuzufügen“, sagte Münteferings Sprecher.

Auf Nachfrage nannte er die Hartz-IV-Verschärfungen ausreichend. So zählen Arbeitslose unter 26 nun zur Bedarfsgemeinschaft der Eltern. Sie bekommen keinen Zuschuss für eigene Wohnungen mehr. Damit sei „für uns der Handlungsbedarf erfüllt.“ Dem CDU-Generalsekretär geht es jedoch um den umgekehrten Fall: Er möchte gut verdienende Kinder zur Versorgung von mittellosen Eltern heranziehen – und so die Staatskasse entlasten. Pofalla erinnerte gestern im Deutschlandfunk daran, dass es bei der alten Sozialhilfe „altersmäßig unbegrenzte Einstandspflichten von Familienmitgliedern untereinander“ gab. Zu dieser Regel sollte man auch bei den Hartz-IV-Gesetzen zurückkehren, mit denen Arbeits- und Sozialhilfe zusammengelegt wurden. Die Einstandspflicht dürfe „keine Einbahnstraße“ sein.

Mit seinem Vorstoß will Pofalla wohl auch den Unmut in der Union über angebliche Profilschwäche der Partei dämpfen. Angesichts der miesen Umfragewerte (31 Prozent) übten einige CDU-Politiker Kritik. Die Verbesserungsvorschläge zielten jedoch in ganz verschiedene Richtungen: nach links und rechts. Während Brandenburgs CDU-Chef Jörg Schönbohm klagte, die Partei verliere Wähler, weil sie zu wenige Versprechen aus dem – wirtschaftsliberal geprägten – Wahlkampf erfülle, monierte CDU-Vize Jürgen Rüttgers gestern, die Union habe ihr soziales Profil nicht genug geschärft. Die Partei müsse sich von ihrer „Lebenslüge“ verabschieden, wonach niedrigere Steuern automatisch zu mehr neuen Arbeitsplätzen führten. LUKAS WALLRAFF