: Unverfrorener Selfmademan
Mit seinen 67 Jahren muss sich Bernard Tapie nicht wie andere Franzosen finanzielle Sorgen um seine Rentnerzukunft machen. Er hat gerade vom Finanzministerium einen Bankscheck erhalten: 210 Millionen Euro hat ihm die Staatskasse im Rahmen einer außergerichtlichen Einigung zurückbezahlt. Damit soll der Streit über den Verkauf von Adidas definitiv geregelt sein. Tapie hat gut lachen, auch wenn ihm nach der Zahlung seiner Schulden davon vielleicht „nur“ 100 bis 150 Millionen bleiben, ist das doch ein fast unverhoffter Geldsegen. Denn vor Gericht war er mit seinen Forderungen an die ehemalige staatliche Bank Crédit Lyonnais, die ihn 1993 beim Adidas-Verkauf hintergangen habe, abgeblitzt. Tapie änderte die Taktik: Bei den Präsidentschaftswahlen von 2007 unterstützte Tapie, einst Minister unter François Mitterrand und Abgeordneter der linken Radikalen, den Konservativen Nicolas Sarkozy. Und siehe da: Sarkozys neue Regierung akzeptierte überraschend ein Arrangement ohne Prozess. Tapie hat das letzte Wort. Es lautet aber nicht „merci“. Er bekomme nur, was ihm schon seit Langem zustehe.
Tapie ist in Frankreich der Prototyp des unverfrorenen Selfmademans. Er ist unverwüstlich, ein Stehaufmännchen. Nach dem Scheitern seiner ersten Karriere als Schlagersänger machte er sich rasch als Geschäftsmann und Finanzjongleur einen Namen. Tollkühn kaufte er vom Pleitegeier umkreiste Firmen auf und verdiente sich beim Wiederverkauf eine goldene Nase. Parallel dazu begann er eine Laufbahn als Manager im Radsport und Fußball. Auch in der Politik sah man ihn als Senkrechtstarter.
Ebenso steil wie der Aufstieg war dann der Fall: Wegen Bestechung, betrügerischer Insolvenz, Unterschlagung wurde Tapie zu Gefängnisstrafen verurteilt, von denen er einige Monate sogar hinter Gittern verbüßen musste. Er war bankrott, alle ließen ihn fallen. Andere wären da verzweifelt vom Eiffelturm gesprungen, doch Tapie begann einfach eine neue Karriere, dieses Mal als Schauspieler im Theater und als Kommissar in einer TV-Krimiserie. Jetzt ist er finanziell saniert und fühlt sich auch moralisch rehabilitiert: Seine nächste Option: Präsidentschaftskandidat. Pourquoi pas? RUDOLF BALMER