Für die Grünen ist Rot-Rot-Grün die einzige realistische Machtoption
: Links von der Mitte

Die Grünen haben keine Wahl. Einst waren sie eine überwiegend linke Partei, mittlerweile sind sie linksliberal. Auf die rechte Seite des Spektrums können sie jedoch nicht wechseln, ohne die Abwanderung eines großen Teils ihrer Wählerschaft zu riskieren. Deshalb lautet ihre Machtoption für die Bundestagswahlen 2009 nicht Schwarz-Grün oder Jamaika, sondern Rot-Rot-Grün.

Es wäre sicher bequemer, wieder auf die rot-grüne Karte zu setzen. Aufgrund der desillusionierenden Erfahrungen von 1998 bis 2005 erscheint es allerdings fraglich, ob diese Zweiparteienkonstellation noch genug Strahlkraft entwickelt. Der Zukunftskongress der Grünen hat gezeigt, dass die Partei lebendig und realistisch genug ist, nicht nur SPD und Linkspartei ein Angebot zu machen, sondern auch den Wählern. Sie erliegt nicht der Verlockung, ihre Politik auf den alten Markenkern der Ökologie zu schrumpfen. Stattdessen thematisiert man mehr als zu rot-grünen Zeiten eine moderne soziale Sicherung jenseits von Hartz IV. Das gemeinsame Projekt von Grünen, SPD und Linkspartei könnte daher heißen: ökologischer, wettbewerbsfähiger Wohlfahrtsstaat à la Skandinavien. Dabei überschneiden und ergänzen sich die Gefolgschaften der drei Parteien. Die Grünen liefern das sozial- und umweltorientierte Großstadtbürgertum, die SPD liefert die um die Verlierer bereinigte traditionelle Mitte und die Linkspartei die Abgehängten, die die Hoffnung auf soziale Inklusion noch nicht aufgegeben haben.

Um Rot-Rot-Grün zu verwirklichen, müssen sich allerdings nicht nur die Grünen weiterentwickeln, sondern auch die anderen Parteien. Die Sozialdemokraten sollten wissen, dass diese Option mit einem Kanzlerkandidaten Kurt Beck, der die neue soziale Frage kaum zur Kenntnis nimmt, eher problematisch sein dürfte. Und die Linkspartei müsste sich von Oskar Lafontaine trennen, der als Partner für die SPD inakzeptabel ist. Lafontaines Definition linker Politik, etwa die kategorische Ablehnung jeglicher Privatisierung öffentlichen Eigentums, würde einer pragmatischen Regierungspolitik ohnehin im Weg stehen. HANNES KOCH