Abidjan: Militär rettet geschassten Minister

In der Elfenbeinküste verlieren wegen des Giftmüllskandals nur zwei Minister ihre Posten. Mehr als 15.000 Menschen wegen Vergiftungserscheinungen behandelt. Aufgebrachte Menge attackiert Autokonvoi des Transportministers

BERLIN taz ■ Die Elfenbeinküste hat wieder eine Regierung. Premierminister Charles Konan Banny, der am 6. September aufgrund der Affäre um illegal verklappten Giftmüll mitsamt seines gesamten Kabinetts zurückgetreten war, präsentierte am Samstag der Öffentlichkeit in Abidjan eine neue Kabinettsliste, die weitgehend mit der alten identisch ist. Lediglich zwei Minister verlieren ihre Posten: Transportminister Innocent Anaky und Umweltminister Jacques Andoh, die für die Nachlässigkeit der Behörden im Umgang mit dem Giftmüll verantwortlich gemacht werden. Die vergangenes Jahr vereinbarte Verteilung der Ministerposten zwischen den politischen Kräften der Elfenbeinküste bleibt unverändert, da die beiden Minister durch Politiker ihrer jeweiligen Partei ersetzt werden.

Transportminister Anaky galt als der Entsorgungsfirma „Tommy“ nahestehend, die am 19. und 20. August das aus Europa eingelaufene Frachtschiff „Probo Koala“ am Ölterminal des Hafens von Abidjan gereinigt hatte und daraufhin 528 Tonnen hochgiftigen Mülls an mindestens 14 Stellen in der Vier-Millionen-Einwohner-Stadt verteilt hatte. Über 15.000 Menschen sind seitdem wegen Vergiftungserscheinungen ärztlich behandelt worden, mindestens sechs sind gestorben. Am gestrigen Sonntag sollte entsprechend der Empfehlung einer französischen Expertenkommission mit der Bergung des Giftmülls begonnen werden. Die ivorische Filiale einer französischen Firma soll den schwarzen Schlamm zwecks Rückführung nach Europa einsammeln.

Am Freitag war es im Stadtteil Cocody zu Unruhen gekommen, als Demonstranten den verhassten Transportminister Anaky in einer Autokolonne erspähten und angriffen. Sein Auto wurde angezündet, er selbst entkam dem Lynchen nur, weil der ebenfalls zufällig vorbeifahrende Armeechef General Philippe Mangou mit Soldaten eingriff. Die Militärs retteten den Minister und brachten ihn in ein Militärlager. Die Proteste weiteten sich trotzdem aus, und die nahe gelegene Villa des entlassenen Hafendirektors von Abidjan, Marcel Gossio, wurde angezündet. Die Demonstranten hatten sich versammelt, weil sie aufgrund merkwürdiger Gerüche in der Nacht das Abladen neuen Giftmülls in der Nähe vermutet hatten. Die Regierung erklärte, die seltsamen Gerüche seien auf „Regen in Zusammenhang mit Wind, der seine Richtung im Laufe des Tages ändern kann“ zurückzuführen. Dieser habe den Gestank der illegalen Giftmüllkippen weiter verteilt als bisher.

Die Neubildung der ivorischen Regierung stabilisiert die politische Lage im Land kurz vor entscheidenden Beratungen über den stockenden Friedensprozess im Land auf UN-Ebene in New York am morgigen Dienstag. Nachdem Staatschef Laurent Gbagbo seine Teilnahme am Wochenende kurzfristig absagte, besteht nur noch wenig Hoffnung auf einen neuen Anlauf zur Organisierung der eigentlich bis Oktober fälligen Neuwahlen in der Elfenbeinküste. Die für Freitag erwarteten UN-Sanktionen gegen zwei hochrangige Scharfmacher im Umfeld Gbagbos wurde unterdessen auf den heutigen Montag verschoben.DOMINIC JOHNSON