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Archiv-Artikel

Heute ein kleiner Fang, morgen ein großer

QUOTEN In Nord- und Ostsee sollte weniger gefischt werden, fordern Forscher – aus ökonomischen Gründen

Konsequente Einschnitte beim Fischfang würden nach Berechnungen Kieler Experten schon mittelfristig deutlich größere Fangmengen und höhere Gewinne ermöglichen. „Verglichen mit dem jetzigen Zustand wären in wenigen Jahren um 60 Prozent mehr Fänge und eine viermal so hohe Biomasse möglich“, sagte der Fischereibiologe Rainer Froese am Donnerstag.

„Je radikaler die Fänge kurzfristig eingeschränkt werden, desto schneller erholen sich die Bestände und steigen auch die Gewinne“, sagte Volkswirt Martin Quaas. Die Wissenschaftler arbeiten im Spitzenforschungsverbund „Ozean der Zukunft“.

Bei Scholle und Kabeljau in der Nordsee sowie Hering und Dorsch in der westlichen Ostsee sind entschlossene Eingriffe am dringendsten. „Hier wurde 2010 mehr gefischt als nachwächst“, erläuterte Froese. „Diese Bestände werden also schrumpfen, so dass die Fischerei deutlich reduziert werden müsste.“

Würden in der westlichen Ostsee im nächsten Jahr nur 9.000 Tonnen Dorsch gefangen statt 20.000 Tonnen wie in diesem Jahr, dann nähme der Bestand auf 38.200 Tonnen im Jahr 2012 zu. Ohne Fischerei stiege er auf 45.100 Tonnen. „Nach unserem Modell würde ein völlig erholter Bestand jährlich nachhaltige Fänge von 75.000 Tonnen zulassen“, sagte Froese.

Die Kieler Vorschläge gehen deutlich über Pläne der EU-Kommission hinaus: Diese erlauben Fischfang auch dann, wenn Bestände gefährdet sind. Außerdem werden Fänge oberhalb des sogenannten maximalen nachhaltigen Ertrags zugelassen.

Froese und Quaas kritisieren auch, dass der EU-Plan keinen Sicherheitsspielraum vorsehe und keine ökonomischen Kriterien enthalte. „Damit sind künftige Probleme der europäischen Fischereien programmiert“, sagte Froese. „Der EU-Plan ist aus unserer Sicht bei Weitem nicht ambitioniert genug“, sagte Quaas. Schon in der Vergangenheit habe die EU Fangquoten zum Teil viel zu hoch angesetzt – „auf Druck der Fischereilobby“. (dpa)