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Archiv-Artikel

Betrug mit kostenlosem Gewinn

Drückerkolonnen locken ihre KundInnen mit falschen Gewinn-Versprechen auf Busreisen und in Gewinnübergabe-Veranstaltungen. Das ist zwar meist „unlauterer Wettbewerb“ – aber verfolgt wird es in der Regel nicht

Herz, was willst Du mehr: „Kostenloser Bustransfer zur Gewinnübergabe“. „Kostenloser Sektempfang“. „Übergabe Ihres Hauptgewinnes“. „Kostenloses Mittagessen“. Wer einmal auf ein dubioses Gewinnspiel reagierte, hat die nächsten Jahre Post dieser Art sicher. „Zusätzlich möchten wir Sie persönlich zu einem Besuch in das Einkaufszentrum Dodenhof in Posthausen einladen“, versprach in der vergangenen Woche die Firma „Veranstaltungsbüro“ aus Bissendorf. Dodenhof wies die missbräuchliche Nutzung des Namens zurück.

Die sonst renommierte Gaststätte Lindenhof in Habenhausen hat da keine Berührungsängste. Übergabe kostenloser Reisen war diese Woche angesagt. Thomas Budde, blickt etwas nervös in die Runde, während er die „Gäste“ empfängt. Nur Gewinner sind eingeladen. Wert jeder gewonnene Reise: 199 Euro, und das Schönste: Man kann jemanden mitbringen. Der ist auch Gewinner. „Reisetermine, Tickets und weitere Unterlagen erhalten Sie persönlich von uns überreicht“ – im Lindenhof.

Aber erst ganz am Ende der Veranstaltung, sagt Thomas Budde. Nach seinem Vortrag über andere Reisen, die auch schön sind – und etwas kosten. Istrien, Toscana, Ungarn, was will das Herz mehr. Leider, sagt Budde, könne er nur die „Region“ nennen, in die die Reise geht, nicht das Hotel. Nach einer Stunde kommt das Beste: Jeder, der will, bekommt ein, zwei, drei „Schecks“ im Wert von 200 Euro in die Hand gedrückt. Damit kann man den Reisepreis drücken. Aber nur, wenn man auf der Stelle unterschreibt. Die Schecks seien nummeriert, versucht Budde eine Erklärung, und wer nicht unterschreibt – der Ton wird schärfer – gibt die Schecks bitte zurück. Sofort. Die Prüfung der Frage, ob solche Reisen wirklich 200 Euro wert sind, ist damit ausgeschlossen.

Endlich geht es zu den Gewinnen. „Sie als Rätsel-Gewinner erhalten diese Reise für zwei Personen für 0,00 Euro“, steht in der Einladung. Vier Tage Tschechien, zum Beispiel, Übernachtung und Frühstück. So ganz kostenfrei ist das dann aber nicht: 26 Euro Bearbeitungsgebühr pro Nase muss zahlen, wer seine kostenfreie Reise haben will. Eine Frau, die da schon mal mitgefahren ist, erzählt am Rande: Da sitze man dann irgendwo im Grünen nach dem Frühstück, weit und breit nichts. Und dann komme die Reiseleitung und biete teure Sonderfahrten an. So kann eine „gewonnene“ Null-Euro-Reise ganz schön teuer werden. An jedem Dienstag im Restaurant Lindenhof haben dennoch einige unterschrieben.

Der Einzelhandelsverband unterhält einen „Verein zur Bekämpfung unlauteren Wettbewerbs“. Klar, „übertriebenes Anlocken“ ist untersagt – zum Beispiel jemanden zur Preisübergabe auf eine lange Busfahrt zu locken. Auch muss die Werbung „wahr“ sein: Wo kostenlos drauf steht, darf keine Gebühr genommen werden. Aber in Aktion tritt der Verein nur, wenn es Beschwerden von Mitbewerbern gibt. Da die Briefkasten-Adressen schwer zu verfolgen sind, tritt der Verein selten in Aktion. Es lohnt sich nicht. „Die meisten Leute sind ja nicht so blöde, da zu unterschreiben“, sagt der Geschäftsführer des Einzelhandelsverbandes Wolf Brakhane.

Im Internet ist das „Veranstaltungsbüro Bissendorf“ übrigens leicht zu finden: Es sind dort jede Menge Warnungen der Verbraucherzentralen nachzulesen.

Klaus Wolschner