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Archiv-Artikel

Herbst bringt mehr Jobs

Arbeitslosenzahl sank im September überraschend stark. BA-Chef Weise: „Konjunkturelle Aufwärtsentwickung“. Osten bleibt jedoch abgehängt

BERLIN taz ■ Kommt er oder ist er schon da, der Aufschwung? Im September setzte eine überraschend starke „Herbstbelebung“ ein, meldete gestern die Bundesagentur für Arbeit (BA) in Nürnberg bei der Bekanntgabe der monatlichen Arbeitsmarktzahlen. Die Zahl der Erwerbslosen sank gegenüber August um 134.000 auf 4.230.000. Der saisonal übliche Rückgang lag damit deutlich über dem Durchschnitt der vergangenen fünf Jahre. Im September 2005 waren noch 409.000 Menschen mehr ohne Job gewesen als in diesem Monat.

Die Arbeitslosenquote verringerte sich im September auf 10,1 Prozent. „Im Fahrwasser der konjunkturellen Aufwärtsentwicklung ist die Arbeitslosigkeit gesunken“, so BA-Vorstandschef Frank-Jürgen Weise gestern. Anlass zur Hoffnung boten auch die Erwerbstätigenzahlen: Deren Zahl ist im August diesen Jahres – neuere Zahlen gibt es nicht – im Vergleich zum Juli saisonbereinigt um 29.000 gestiegen. Besonderes Augenmerk gilt dabei der sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung, jenen Arbeitnehmerjobs, die mit ihren Beiträgen die Kranken- und Rentenkassen füllen. Nach hochgerechneten Daten der BA nahm die sozialversicherungspflichtige Beschäftigung im Juli im Vergleich zum Juli 2005 um 194.000 zu.

Bundesarbeitsminister Franz Müntefering (SPD) erklärte, die Serie der positiven Monatsnachrichten vom Arbeitsmarkt könnte zu einer Wende werden. Die konjunkturelle Belebung werde immer stärker beim Stellenangebot spürbar, erläuterte Weise. In den Jobdatenbanken der BA seien bis Ende September 621.000 freie Stellen erfasst worden; das seien rund 150.000 mehr als vor einem Jahr. Rund zwei Drittel der gemeldeten freien Stellen seien Jobs in der privaten Wirtschaft. Neue Stellen entstehen laut BA bei den unternehmensnahen Dienstleistungen, darunter der Zeitarbeit, und bei Verkehr und Nachrichtenübermittlung und im Gesundheits- und Sozialwesen.

Am meisten profitieren nach BA-Angaben Kurzzeitarbeitslose von der verstärkten Nachfrage nach Arbeitskräften. So habe die Zahl der Bezieher von Arbeitslosengeld I im September um 341.000 niedriger gelegen als im Vorjahr. Dagegen sei die Zahl der arbeitslosen Hartz-IV-Betroffenen binnen Jahresfrist lediglich um 68.000 gesunken. Die Entwicklung verläuft im Westen und Osten zudem ungleich: Bereinigt um saisonale Einflüsse ist die Arbeitslosenzahl im September im Vergleich zum August um 17.000 auf 4,429 Millionen gesunken. Im Westen nahm der entsprechende Wert um 23.000 ab, im Osten stieg er hingegen um 6.000.

Angesichts der guten Konjunktur und des starken Anstiegs der Erwerbstätigkeit sei ein saisonbereinigter Rückgang von 17.000 bei den Arbeitslosen „enttäuschend“, rügte Annelie Buntenbach, Vorstand im Deutschen Gewerkschaftsbund.

BA-Vorstandsmitglied Heinrich Alt rechnet im Jahresdurchschnitt nun mit einer Arbeitslosigkeit zwischen 4,5 bis 4,6 Millionen. BARBARA DRIBBUSCH

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