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Archiv-Artikel

taxi für eine taube von RALF SOTSCHECK

Da sage noch einer, die Schotten seien geizig. Sie haben sich 1999, als Schottland teilunabhängig wurde, ein Parlamentsgebäude genehmigt, dessen Baukosten im Laufe der Zeit ins Unermessliche stiegen. Am Ende mussten die Steuerzahler für den Holyrood-Prunkbau, der mit jahrelanger Verspätung schließlich 2004 bezugsfertig wurde, 431 Millionen Pfund berappen. Der Unterhalt des Gebäudes kostete 350.000 Pfund im Jahr – bis die Abgeordneten vor gut zwei Jahren einzogen. Seitdem sind 750.000 Pfund jedes Jahr fällig, davon allein 35.000 Pfund für die Fensterputzer, die sich aufgrund der törichten Konstruktion vom Dach abseilen müssen, um von außen an die Fenster zu gelangen. Viele Treppengeländer sind jetzt schon verrottet. Da es sich um Spezialanfertigungen handelt, sind auch Spezialpreise fällig, wenn sie ersetzt werden müssen.

Ständig ersetzt werden müssen auch elektronische Geräte. Seit der Eröffnung des Parlaments sind Waren im Wert von 30.000 Pfund geklaut worden, meist aus Gebäudeteilen, zu denen nur Abgeordnete Zugang haben. Zugang zum Parlament haben auch Tauben, wie die Gebäudeverwaltung entsetzt feststellen musste. Man hatte eine Menge Geld für Stahlnadeln auf dem Dach ausgegeben, um die Vögel vom Nisten abzuhalten. Neulich entdeckte der Verwalter ein Nest mit einer jungen Taube direkt über dem Haupteingang.

Sie soll aber nicht verjagt, sondern umgesiedelt werden. Zu diesem Zweck hat man das Unternehmen Ecolab beauftragt. Ein Sprecher der Firma sagte, man werde abwarten, bis der Vogel flügge ist. Sollte er dann nicht freiwillig abhauen, werde man ihn einfangen und mit einem Tiertaxi in ein Naturschutzgebiet in der südschottischen Grafschaft Ayr bringen. Seit wann stehen fliegende Ratten unter Naturschutz? Die Aktion kostet 250 Pfund – pro Taube. Denn sie wird wohl kein Einzelfall bleiben. Die Parlamentsangestellten sind beauftragt worden, wachsam zu sein und nach weiteren Exemplaren Ausschau zu halten.

„Jetzt gibt es also einen Zerstreuungsbefehl für Tauben“, höhnte der Abgeordnete der Liberalen, Mike Rumbles. „Ich nehme an, er wird genauso effektiv sein wie der Zerstreuungsbefehl bei Menschenansammlungen.“ Die unabhängige Abgeordnete Margo McDonald sagte: „Für 250 Pfund drehe ich jeder Taube selbst den Hals um.“

Der „Beratungsdienst für Taubenkontrolle“ erklärte, er hätte die Vögel kostenlos entfernt, aber die Schotten geben gern Geld für Tiere aus. 2004 zahlte die Regierung 20 Pfund steuerfreie Kopfprämie für jeden Igel auf der Hebrideninsel North Uist. Die Stacheltiere wurde geschlachtet, um die einheimischen Wattvögel zu schützen. Und voriges Jahr heuerte man für 500.000 Pfund Schädlingsbekämpfer aus Neuseeland an, um Ratten auf der Insel Canna zu vergiften. Zuvor wurden jedoch 120 Mäuse in den Zoo von Edinburgh evakuiert, damit sie nicht versehentlich mitvergiftet wurden. Nach der Rattenvernichtung durften die Mäuse wieder auf die Insel zurückkehren.

Die Schotten könnten eine Menge Geld sparen, wenn sie statt der Tauben die Abgeordneten umsiedeln und sie über einer unbewohnten Insel vor der Westküste abwerfen.