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: Die Windmühle dreht sich wieder

Erstmals nach mehr als 23 Jahren erscheint am Freitag mit „Endless Wire“ wieder neue Musik von The Who – echte Fans erwarten das Album mit zwiespältigen Gefühlen

Wenn nach einer Pause von fast einem Vierteljahrhundert überraschend ein alter Freund vor der Tür steht, dann ist das eigentlich ein erfreuliches Ereignis. Der Freund wird hereingebeten, um gemeinsam in Erinnerungen an alte Zeiten schwelgen. Es wird getrunken, gelacht und nebenbei nach Symptomen des Alters geforscht. Ganz schöne Wampe, wahrscheinlich vom Saufen, egal. Ein solcher Freund ist für die meisten Musikfreunde ab „um die 40“ die Rockgruppe The Who. Kann sein, dass man jahrelang nicht mehr an diesen Freund gedacht hat – und wenn, dann mit schlechtem Gewissen. Man kennt sich. Zu gut. Hatten wir damals nicht gemeinsam den feierlichen Eid geleistet, dass die Party nie zu Ende gehen, dass wir nie in Routine versinken werden?

Die Textzeile „I hope I die before I get old“ aus „My Generation“ war ein Credo, ausgerufen mit der Hybris der Jugend. Und nun sitzt man sich plötzlich auf dem Sofa gegenüber, nicht gestorben, alt geworden – was für The Who nur begrenzt gilt, ist der Gruppe doch inzwischen die ganze Rhythmussektion weggestorben. Jetzt aber, mit 45, hat die die Band ihre Midlifecrisis überwunden, sieht blendend aus und lädt uns zu einer wilden Fahrt ein, ganz wie früher, das Moped parkt draußen, ab geht’s! Wer da lieber neidisch zu Hause bleibt, der ist tatsächlich gestorben. Das Angebot steht. FRA