: Schlachtfeld Stadion
Hooligans randalieren bei einem Regionalspiel. Die Bilanz: 22 Festnahmen, 23 verletzte Polizisten. Dynamo Dresden erhebt Vorwürfe gegen Polizei, Politiker wollen mehr Engagement von Vereinen
von Alke Wierth
Schwerwiegende Vorwürfe gegen die Berliner Polizei hat der Fußballverein Dynamo Dresden nach Ausschreitungen beim Spiel des Vereins gegen Hertha BSC II am Freitagabend in Berlin erhoben. Bei der Begegnung im Friedrich-Ludwig-Jahn-Sportpark in Prenzlauer Berg war es zu schweren Krawallen gekommen. 22 Personen wurden festgenommen. 23 Polizisten erlitten teils erhebliche Verletzungen.
Bereits während der ersten Halbzeit des Spiels hatten sich die Fans der beiden Vereine Wortgefechte geliefert. Die Dresdner sollen die Berliner dabei mit zum Teil antisemitischen Parolen beschimpft haben. Im weiteren Verlauf wurden im Dresdner Fanblock Sitze aus Verankerungen gerissen und auf die im Stadion eingesetzten Ordner geworfen. Als wenige Minuten vor Spielende das Ausgleichstor für die Berliner fiel, versuchten Dynamo-Fans, aufs Spielfeld zu gelangen. Die Polizei, die mit 500 Einsatzkräften vor Ort war, wurde von Fans angegriffen. Um Krawalle außerhalb des Stadions zu verhindern, kamen weitere mehrere hundert Beamte als Verstärkung zum Einsatz. Sie eskortierten abreisende Fans.
Die Geschäftsführung des Dynamo Dresden hat das Vorgehen der Berliner Polizei bei den Ausschreitungen scharf kritisiert. Die Dresdner Fans seien zum Verlassen ihres Fanblocks aufgefordert worden, obwohl dahinter „150 gewaltbereite BFC-Hooligans den Ausgang versperrten“, heißt es in der Mitteilung. Es entstehe der Eindruck, dass die Einsatzkräfte „bewusst die Auseinandersetzungen provoziert“ hätten. Die Beamten hätten „wild drauflosgeprügelt“ und zwischen Randalierern und einfachen Fans keine Unterschiede gemacht, kritisiert auch Dresdens oberster Fanbetreuer Torsten Rudolph das Vorgehen der Berliner Polizei. „Es sah aus wie auf einem Schlachtfeld“, so Rudolph.
„Uns sind solche Vorfälle nicht bekannt“, sagt dagegen der Berliner Polizeisprecher Benedikt Scherlebeck. Es lägen bisher zwei Anzeigen gegen Polizeibeamte wegen Verdachts auf Körperverletzung im Amt vor. „Unsere Beobachtungen treffen sich nicht mit denen der Dresdner“, so Scherlebeck. Es sei außerdem „der falsche Weg, sich vor gewaltbereite Fans zu stellen und die Schuld bei der Polizei zu suchen“. Nach Angaben der Berliner Polizei sollen „lediglich 60 bis 70 relevante“ Berliner Fans im Stadion gewesen sein. Diese hätten „zu keiner Zeit den Ausgang des Gästeblocks versperrt“, sondern seien bereits zehn Minuten vor Spielende unter polizeilicher Aufsicht aus dem Stadion geleitet worden.
Mit scharfen Worten hat Polizeipräsident Dieter Glietsch die Kritik des Dresdner Vereinsvorstands zurückgewiesen. Die Bewertung des Polizeieinsatzes durch die Dresdner zeuge „von Ignoranz und Arroganz“. Es sei „ein Beitrag zur Förderung des Hooliganismus“, wenn Vereinsverantwortliche nach gewalttätigen Ausschreitungen Hooligans zu Opfern und Polizeibeamte zu Tätern erklärten.
Nachdem es am Wochenende in zwei weiteren Städten zu Ausschreitungen bei Fußballspielen der unteren Ligen gekommen war, forderten Politiker nun die Vereine und die Deutsche Fußball-Liga auf, sich stärker gegen gewaltbereite Fans zu engagieren. Die Organisationen müssten sich „mit Hochdruck der wachsenden Gewalt in den Stadien widmen“, sagte beispielsweise CSU-Generalsekretär Markus Söder. Der Deutsche Fußballbund (DFB) und die Deutsche Fußballliga (DFL) haben für Dienstag ein Krisengespräch vereinbart.
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