: Offensiv gegen rechte Schläger
PROTEST Zum 18. Mal demonstriert die Antifa am Samstag in Gedenken an den ermordeten Linken Silvio Meier – und gegen aktuell zunehmende rechte Gewalt. „Die Nazis werden wieder dreister“, sagt ein Aktivist
LARS LAUMEYER, ANTIFASCHISTISCHE LINKE BERLIN
Es ist der traditionsreichste Antifa-Aufzug der Hauptstadt: die jährliche Silvio-Meier-Demonstration. Bereits zum 18. Mal soll am Samstag an den 1992 von einem Neonazi ermordeten Hausbesetzer Silvio Meier sowie an aktuelle Fälle rechtsextremer Gewalt erinnert werden. Die Demo unter dem Motto „Kampf den Nazis, Kampf dem Staat“ startet um 15 Uhr am U-Bahnhof Samariterstraße im Friedrichshain.
An diesem Ort war der 27-jährige Silvio Meier erstochen worden, nachdem er versucht hatte, einem Neonazi einen rechten Aufnäher von der Jacke zu reißen. 2009 besuchten mehr als 2.000 Menschen die Gedenkdemonstration. Ähnlich viele werden in diesem Jahr erwartet.
Im Friedrichshain ereignete sich im Juli 2009 auch die brutalste Tat von Neonazi-Gewalt der letzten Zeit gegen den damals 22-jährigen Jonas K. (siehe oben). Laut Sabine Kritter von der Mobilen Beratung gegen Rechtsextremismus hat der Überfall Aktivisten wie die Initiative gegen rechts oder das Register Friedrichshain in ihrem Engagement bestärkt. Die Tat habe aber auch gezeigt, dass im Bezirk noch einiges getan werden muss.
Laut dem Register Friedrichshain führt der Bezirk seit 2006 die Statistik rechtsextremer Vorfälle in Berlin an. Für 2010 dokumentierte die Initiative 75 rechte Vorfälle bis Ende Oktober. Die meisten betreffen Propaganda-Delikte, jeweils etwa ein Dutzend Fälle sind aber direkte Angriffe oder Bedrohungen.
Zuletzt waren auch in Kreuzberg und Neukölln alternative Läden oder Geschäftsstellen von Parteien mit rechten Symbolen beschmiert oder beschädigt worden. In der Nähe von Wohnungen vermeintlicher Neonazi-Gegner wurden Drohungen gesprayt. Ende Oktober gab es einen Brandanschlag auf den linken Infoladen m99 in Kreuzberg.
„Die Nazis werden wieder dreister“, so Nico Nussinger, Sprecher des Silvio-Meier-Bündnisses. Antifa-Gruppen vermuten den Nationalen Widerstand Berlin hinter den Taten, eine lose organisierte Neonazi-Gruppe um den Kameradschaftler und NPD-Landesvize Sebastian Schmidtke. „Es gilt diese Täter aus der Deckung zu ziehen“, so Lars Laumeyer von der Antifaschistischen Linken Berlin. Für Nussinger ist das offensivere Auftreten der Rechtsextremen auch dem von Sarrazin & Co popularisierten Alltagsrassismus geschuldet. „In diesem Fahrwasser können sich Nazis als Vollstrecker des Volkszorns gegen Migranten und Andersdenkende aufspielen.“ Die Demo richte sich daher auch gegen bürgerlichen und staatlichen Rassismus.
Es soll aber nicht nur beim Demonstrieren bleiben. Eine Initiative linker Gruppen und der Linkspartei will bis November 2012 eine Straße, öffentliche Einrichtung oder einen Platz in der Nähe des U-Bahnhofs Samariterstraße nach Silvio Meier zu benennen. Er werde sich persönlich für die Initiative einsetzen, verspricht Franz Schulz, Grünen-Bürgermeister von Friedrichshain-Kreuzberg. „Zivilcourage gegen Rechtsextremismus zu würdigen wäre ein wichtiges Signal“, so Schulz. KONRAD LITSCHKO