: Adventsüberraschung im Thüringer Kabinett
PERSONAL Ministerpräsidentin Lieberknecht (CDU) holt sich gleich drei neue Minister ins Boot
DRESDEN taz | Gerade einmal ein Jahr nach der Landtagswahl wagt Thüringens Ministerpräsidentin Christine Lieberknecht (CDU) einen Neustart und tauscht drei ihrer Minister aus. Nachfolger des zum Bundesverfassungsrichter aufgestiegenen Innenministers Peter Huber wird sein bisheriger Staatssekretär Jörg Geibert. Die bisherige Finanzministerin Marion Walsmann löst den ausscheidenden Jürgen Schöning als Chefin der Staatskanzlei in Erfurt ab. Ihren Posten übernimmt der bisherige sächsische Finanzstaatssekretär Wolfgang Voß.
Ausgelöst wurde die Mischung aus Rochaden und Neuberufungen durch die Berufung des bisherigen Innenministers Huber an das Bundesverfassungsgericht. Der Staatsrechtler erwarb sich in seiner nur einjährigen Amtszeit an der Spitze des häufig von Affären geschüttelten Innenministeriums Respekt. Als Nachfolger wurde auch Manfred Scherer aus der CDU-Landtagsfraktion genannt, der 2008 bis 2009 Innenminister war. Aber dessen persönliches Verhältnis zur Ministerpräsidentin ist offenbar getrübt.
Ministerpräsidentin Lieberknecht nutzte die Chance. Sie wechselte den politisch blassen Staatskanzleichef Schöning aus. Über dessen Abgang war bereits spekuliert worden. Und auch die frühere Justizministerin Marion Walsmann machte seit der Regierungsneubildung im Herbst 2009 im Finanzressort keine souveräne Figur.
Lieberknecht betonte bei der Vorstellung der neuen Kabinettsmitglieder am Mittwoch in auffälliger Weise die Wichtigkeit der Finanzpolitik. Überraschend kommt das nicht, denn Thüringen ringt seit Monaten um den Doppelhaushalt 2011/12, der Mitte Dezember im Landtag verabschiedet werden soll. Dabei geht es um eine krisen- und solidarpaktbedingte Neuverschuldung bis zu 860 Millionen Euro für das kleine Land. Die Diskussion über Sparpotenziale belastet auch die Koalition mit der SPD.
Die Person des neuen Finanzministers erscheint deshalb besonders interessant. Der gebürtige Hesse Wolfgang Voß, seit 1991 im Sächsischen Finanzministerium und seit zehn Jahren Staatssekretär, galt stets als eiserner Verfechter eines schuldenfreien Landeshaushalts. Sachsen muss deshalb seine Ausgaben um 9 Prozent reduzieren, um keine neuen Schulden aufnehmen zu müssen. MICHAEL BARTSCH