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Archiv-Artikel

Wenn Zaunkönige mit Lastwagen wetteifern

HÖRT, HÖRT Nicht nur Autos, auch Vögel machen Lärm, zeigt ein akustischer Spaziergang im Wedding

Ein Lastwagen rumpelt auf dem Kopfsteinpflaster vorbei. Michael Jäcker-Cüppers, der Vorsitzende des Arbeitsrings „Lärm“ der Deutschen Gesellschaft für Akustik, misst die Lautstärke: 78 Dezibel. Da können einige Vogelarten in der Stadt locker mithalten. Sie müssten den Verkehr übertönen, um mit dem Gesang ihre Artgenossen zu erreichen, erklärt Jana Sucker vom Nabu. „Der Zaunkönig singt in einer Stadt mitunter in einer Lautstärke von 90 Dezibel.“

Zehn Leute sind am späten Freitagnachmittag zum Lärmspaziergang in den Sprengelkiez im Wedding gekommen, um mal genauer hinzuhören. Das Projekt „Schöner Sprengelkiez“ hat zu dem Streifzug geladen. Anlass bietet der Lärmaktionsplan des Senats, der die Lärmbelastung der BerlinerInnen vermindern soll und derzeit von der Verwaltung für Stadtentwicklung überarbeitet wird.

Angenehmer Krach

Die Lärmbelastung ist an vielen Orten der Stadt entschieden zu hoch, findet Thomas Haas vom Projekt „Schöner Sprengelkiez“. Wobei es sehr auf die Art der Geräusche ankommt. „Laut ist nicht gleich lästig“, sagt Jäcker-Cüppers, der den Spaziergang leitet. Um das zu zeigen, werden an drei verschiedenen Orten im Kiez die Geräuschpegel gemessen. Die TeilnehmerInnen können selbst bewerten, als wie unangenehm sie die Situation an den jeweiligen Orten wahrnehmen. Den Verkehrslärm an der Müllerstraße beurteilen alle gleichermaßen als lästig, das Vogelgezwitscher im Sprengelpark dagegen wird allgemein als angenehm empfunden.

Die laute Idylle des Vogelgezwitschers möchte hier niemand eindämmen. Auch nicht der Senat: Dessen Aktionsplan zielt vornehmlich auf den Schutz vor Verkehrslärm ab, der ab durchschnittlich 65 Dezibel als gesundheitsschädlich gilt. Das Land fördert im Rahmen des Aktionsplans beispielsweise den Einbau von Schallschutzfenstern in Gebäuden an viel befahrenen Straßen oder errichtet Lärmschutzwände.

Der Opposition reicht das nicht. Sie bemängelt, der Senat packe das Übel – den motorisierten Verkehr – nicht bei der Wurzel. „Wir müssten zum Beispiel viel mehr in den Fahrradverkehr investieren“, sagt die umweltpolitische Sprecherin der Grünen im Abgeordnetenhaus, Silke Gebel. Dann werde es ganz von alleine ruhiger. MARKUS MAYR