Geliebtes Fallobst

Beim Design Vorbild, beim Umweltschutz Schlusslicht: Greenpeace mahnt Apple im aktuellen Elektroschrott-Bericht ab und hofft, dass die Kunden helfen, ihren Apfel grüner zu machen

VON KIRSTEN REINHARDT

Er strahlt milchweiß und das Standbylicht pulsiert wie ein kleines Herz. Kaum etwas aus der Welt der Elektrogeräte wirkt unschuldiger als die niedlichen i-Geräte mit den abgerundeten Ecken aus dem Hause Apple. Firmenchef Steve Jobs präsentiert sich passend dazu wie der sympathische Schluffi von nebenan. Und seine Kreationen begeistern all die, die sich irgendwie als kreativ bezeichnen und mit weißem Stöpsel im Ohr auch mal in den Ökoladen spazieren.

Doch das Produkt ist nicht ganz so lupenrein wie sein Image glauben macht. So innovativ Apple in Elektronik und Produktdesign ist, in puncto umweltbewusstem Handeln hat der Konzern offensichtlich einiges nachzuholen. In der vorige Woche von Greenpeace veröffentlichten Rangliste grüner Elektronik ist Apple auf dem allerletzten Platz gelandet. Greenpeace überprüfte 14 führende Hersteller von Computern und Mobiltelefonen auf die Verarbeitung giftiger Chemikalien und ihre Recycling-Politik. Am besten schnitt der Mobiltelefonhersteller Nokia ab. „Wir wollen Transparenz schaffen. Die Konsumenten sollen wissen, was sie kaufen – wer grün ist und wer nicht“, erklärt Zeina Al-Hajj, Koordinatorin der Greenpeace-Kampagne, der taz.

Im August dieses Jahres stellte Greenpeace in seinem ersten Elektroschrott-Bericht dar, wie ein Großteil der jährlich etwa 50 Tonnen ausgedienter elektronischer Geräte illegal nach China und Indien verschifft werden. Viele Computer enthalten bromierte Flammschutzmittel und PVC sowie Schwermetalle wie Blei, Cadmium und Quecksilber und werden in diesen Ländern von oftmals unzureichend geschützten Arbeitern auf riesige Halden gekippt. Da kaputte Computer als Gebrauchtware deklariert werden können, sind die strengen Auflagen für Mülltransporte relativ leicht zu umgehen. Damit entziehen sich die Hersteller der Verantwortung einer umweltschonenden Entsorgung.

Genau dies fordert Greenpeace von den Firmen, zusammen mit einer weltweit garantierten Rücknahme der eigenen Geräte. Doch dies kostet Geld, das die Firmen bislang gern sparen. Durch die Veröffentlichung der Ergebnisse erhofft sich Greenpeace auch, dass sich die Firmen mit dem Thema Elektroschrott auseinandersetzen.

Bei Steve Jobs scheinen sie auf taube Ohren gestoßen zu sein. Apple-Besitzer haben nur in den USA, Kanada, Europa, Japan und Taiwan die Möglichkeit, ihre alten Geräte zurückzugeben.

Während sich Firmen wie Motorola und Lenovo nach Veröffentlichung der ersten Liste ins Zeug legten – Motorola schaffte es in den letzten vier Monaten vom zweitletzten auf den vierten Platz – blieb Apple tatenlos. „Das hat uns überrascht und schockiert“, sagt Al-Hajj, „Apple ist der absolute Vorreiter in Sachen Innovation. Wenn wir sie dazu bringen könnten, Vorbild in Sachen grüne Elektronik zu werden, würden ihnen sicher viele Firmen folgen.“

Da der Computerhersteller mit dem naturnahen Apfel-Logo sich in Verhandlungen mit Greenpeace äußerst zäh gibt, setzt die Umweltorganisation auf Basisarbeit und lancierte im September die Kampagne „A greener Apple“. Die Internetseite ist eine optische Kopie der Apple-Seite. Nur dass auf den aufgeklappten Bildschirmen der schicken iBooks asiatische Kleinkinder auf Elektroschrott-Bergen sitzen. Der Tonfall ist freundlich-pädagogisch: „Ich liebe meinen Mac. Aber gibt’s ihn auch in Grün?“ Auf der Seite können umweltbewusste Apple-Freunde per Mail („Write to Steve“) an den Konzern appellieren, sich eine Deadline für den PVC-Ausstieg zu setzen und eine weltweite Geräterücknahme anzubieten. Toxische Chemikalien wie PVC finden sich in den meisten Apple-Produkten. Einzig PVC-frei: der externe Akku des iPod-Shuffle.

„Wir versuchen, die User zu erreichen. Apple ist ein Unternehmen mit einer starken Kundenbindung. Wenn die auf Apple zugehen und sagen, sie wollen grüne Produkte, wird Apple vielleicht reagieren“, hofft Al-Hajj. Denn seitdem die Webseite online ist, hat sich Apple nicht mehr bei Greenpeace gemeldet. Apple selbst betont in einem knappen Statement, dass der Konzern nicht mit den Kriterien des Greenpeace-Rankings übereinstimme und verweist auf seine umweltfreundlichen Verpackungen, den frühen Verzicht auf Röhrenmonitore und den niedrigen Energieverbrauch seiner Rechner.

Auf die etwas versteckte englischsprachige Apple-Umwelt-Seite gelangt man nur durch investigatives Herumgeklicke. Hier heißt es, PVC werde lediglich in Plastikteilen über 25 Gramm verwendet, Kabelhüllen ausgenommen. Und ja, irgendwann wolle man auch ganz auf PVC verzichten. Ab wann konkret mit einem Verzicht von PVC zu rechnen ist, wollte Apple auf Nachfrage der taz nicht sagen. Eine ähnliche Antwort bekam auch Greenpeace: „Apple sagt: Wir machen keine Versprechungen – wir handeln“, sagt Zeina Al-Hajj, „Davon haben wir aber bisher nichts mitbekommen.“