: „Effizienz ist ein Gewinn für alle“
VERBAND In Berlin hat sich die Deutsche Unternehmensinitiative Energieeffizienz (Deneff) gegründet. Verbandsfunktionär Christian Noll will Verbraucher fordern und fördern
■ 30, ist Mitgründer und Geschäftsführender Vorstand der Deutschen Unternehmensinitiative Energieeffizienz.
INTERVIEW BERNWARD JANZING
taz: Herr Noll, Sie vertreten in der Deneff Firmen, die Dämmstoffe herstellen oder Effizienzdienstleistungen anbieten. Wie machen Sie Lobbyarbeit?
Christian Noll: Wir sehen uns vor allem als politische Interessenvertretung. Unser Ziel ist es – zum Beispiel in der Gesetzgebung – darauf hinzuwirken, dass Produkte und Dienstleistungen, die Energie sparen, bessere Marktbedingungen bekommen. Etwa im Mietrecht, um Hemmnisse für Gebäudesanierungen abzubauen. Oder im Erbrecht, wenn ältere Menschen ihr Haus sanieren und die Amortisation der Maßnahme nicht mehr erleben.
Gibt es dafür nicht bereits Konzepte?
Wir wollen diese Ideen zusammenführen und ihnen im politischen Prozess eine Stimme geben. Es gibt etwa die Idee, Ökologische Mietspiegel zu etablieren und so die energetischen Merkmale der Immobilien zu berücksichtigen. Von Modellprojekten muss das jetzt bundesweit umgesetzt werden.
Wo liegt Ihr Schwerpunkt: beim Ordnungsrecht mit Vorschriften oder beim Finanz- und Steuerrecht, um Energieverbrauch zu verteuern und Sparen attraktiver zu machen?
Eine reine Steuerung über den Preis hat dort Grenzen, wo Menschen durch Energiepreise in die Armut getrieben werden oder deutsche Mittelständler massive Nachteile gegenüber ihren Wettbewerbern – zum Beispiel aus Fernost – erfahren. Wir bevorzugen einen intelligenten Mix aus Fordern und Fördern: Zum einen verbindliche, langfristig-gestufte ordnungsrechtliche Zielvorgaben. Zum anderen muss hierfür ein konsistentes Finanzierungsmodell erstellt werden. Hier können zum Beispiel steuerliche Anreize, aber auch staatliche Förderung oder marktliche Finanzprodukte wie etwa spezielle Investmentfonds für Energieeffizienz eine Rolle spielen. Schließlich müssen die Rahmenbedingungen für Serviceleistungen wie Energieberatungen oder Einspar-Contracting geschaffen oder verbessert werden.
Starten werden Sie mit dem Gebäudesektor, warum?
Weil dort am meisten Einsparungen zu realisieren sind. 40 Prozent des deutschen Energieverbrauchs entfallen auf Gebäude. Zudem bringt die Sanierung viel regionale Wertschöpfung; sie ist für die Unternehmen vor Ort damit sehr attraktiv.
Welche Rolle spielen abseits der reinen Lobbyarbeit Ökologie und Klimaschutz?
Das geht Hand in Hand. Für unsere Mitgliedsunternehmen ist es wichtig zu zeigen, dass die Entwicklung, Verbreitung und der Einsatz energieeffizienter Technologien, Produkte und Dienstleistungen ein zeitgemäßes, weil qualitatives Wirtschaftswachstum und zukunftsorientierte Arbeitsplätze bieten. Bei der Energieeffizienz sind Ökologie und Ökonomie keine Gegensätze. Wir tauschen uns eng mit Umwelt- und zivilgesellschaftlichen Organisationen aus: Denn mehr Energieeffizienz ist ein Gewinn für alle – außer natürlich für die großen fossilen Energieerzeuger und -lieferanten.
Aber beim Gebäudesektor werden Sie nicht stehen bleiben?
Nein, es sollen später drei weitere Schwerpunkte hinzukommen, nämlich industrielle Prozesse, der effiziente Umgang mit Strom im Haushalt und schließlich auch Transport und Verkehr.
Zur Gründung der Deneff war auch Wirtschaftsminister Rainer Brüderle (FDP) anwesend. Wie ist Ihr Verhältnis zur Politik?
Von politischer Seite wurden wir mit offenen Armen empfangen, denn die Politik weiß, dass sie Expertenwissen benötigt, um Klimaschutzziele zu erreichen.
Mal ganz unbescheiden: Die taz war an der Deneff-Gründung nicht ganz unbeteiligt, oder?
Das stimmt. Ein Artikel in der taz, in dem aufgezeigt wurde, dass es für alle Lebensbereiche einen Verband gibt, nur für die Energieeffizienz nicht, hat gewissermaßen die Saat gelegt. Einige Akteure, die schon länger in diese Richtung dachten, haben sich daraufhin zusammengefunden, um das Defizit anzugehen.