: Die Reform zerfällt in Scherben
Der Gesundheitsfonds wird wohl nicht mehr kommen. Doch damit scheitert keineswegs die komplette Reform
BERLIN taz ■ Der Gesundheitsfonds hat in seiner kurzen Karriere erstaunlich viel Glanz eingebüßt. Ob er überhaupt kommt, ist sehr fraglich. Die Idee des Fonds stammt aus einem Gutachten des wissenschaftlichen Beirats im Finanzministerium und erregte, als er 2005 gemacht wurde, keinerlei Aufsehen. Erst als ihn Gesundheitsministerin Ulla Schmidt (SPD) auf den Verhandlungstisch legte, war sein beschauliches Dasein als Akte vorbei.
Die SPD wollte den Fonds als Bürgerversicherung einrichten. Neben den gesetzlich Versicherten sollten auch privat Versicherte einzahlen, die Summe sollte durch Steuergelder aufgerundet werden. Auch die Kanzlerin wollte Steuern in großem Umfang fürs Gesundheitswesen abzweigen und dazu die Kopfpauschale einführen, also den Gesundheitsbeitrag von jedem.
Im Sommer einigte sich die große Koalition auf eine ganz kleine Kopfpauschale und ganz wenig Steuern. Der Fonds sollte 2008 als Institution entstehen, die Beiträge einzieht und Kopfpauschalen an die Kassen austeilt. Schon im Oktober setzten die Länderchefs durch, die Sache zu verschieben – auf nach die Landtagswahlen in Hessen und Bayern.
Bisher plant die Regierung, das Rudiment 2009 einzuführen. Doch der angeschlagene Fonds schlägt weiter leck: Die Krankenkassen, die den Beitragseinzug abtreten sollten, dürfen nun doch weiter kassieren. Jetzt setzen SPD-Linke und Unionsministerpräsidenten zur finalen Attacke an. In SPD-Kreisen stöhnt man: „Nie wieder beziehen wir die Länder ein. Erst sitzen sie am Verhandlungstisch, dann verfolgen sie doch nur ihre eigenen Interessen.“ SPD-Generalsekretär Hubertus Heil wirft den Unionsländern gar Sabotage vor.
Doch mit dem Fonds stirbt nicht die ganze Reform. Die Strukturreformen waren bisher weitgehend unstrittig. Die Kassenärztlichen Vereinigungen verlieren Macht, die Kassen erhalten mehr Freiheiten, Kliniken und Apotheken sollen sparen. Doch auch hier bröckelt der Konsens.
Um wenigstens Teile der Gesundheitsreform zu retten, will die Koalition das Verfahren unbedingt bis Februar durch Bundesrat und Bundestag bringen. Sollten sich die Länder jedoch weigern zuzustimmen, muss der Vermittlungsausschuss angerufen werden. Das würde bedeuten, dass die Reform nicht zum 1. April 2007 in Kraft treten kann.
Eines aber ist sicher: Die Kassenbeiträge steigen im nächsten Jahr. In dieser Woche wird festgelegt, um wie viel. ALE