„Wir tragen Konflikte aus“

DISKUSSION Das Zentrum für Baukultur diskutiert seit zehn Jahren eine „besser gebaute Umwelt“

■ 63, ist wissenschaftlicher Leiter des Zentrums für Baukultur und Professor für Baugeschichte und Architekturtheorie an der Hochschule Bremen.

taz: Herr Syring, Sie haben zu Ihrer Podiumsdiskussion auch die Gewoba und Immobilien Bremen eingeladen. Um diese zur Baukultur aufzufordern?

Eberhard Syring: Nein, die sind bemüht, Baukultur zu schaffen. Die Gewoba macht Architekturwettbewerbe, um architektonisch auf der Höhe der Zeit zu bleiben.

Und Immobilien Bremen?

Die haben einige sehr interessante Schul-Umbauten gemacht, beispielsweise an der Julius-Brecht-Allee. Aus Sicht der Baukultur könnte man sich aber manchmal auch die Haare ausraufen, wenn Schulgebäude aus den 1950er und 1960er Jahren abgerissen werden, um Häuslebauern Platz zu schaffen.

Können Sie definieren, was Sie unter Baukultur verstehen?

Bei Baukultur geht es darum, dass eine Auseinandersetzung mit architektonischen und anderen Werten in der gebauten Umwelt stattfindet. So verstehen wir uns auch. Wir wollen einen Dialog herstellen, zwischen Positionen vermitteln.

Wie stehen Sie zum Streit über die Bebauung des Bahnhofsplatzes?

Ich persönlich bin kein Anhänger des Neorationalismus, zu dem Max Dudler gezählt wird, dessen Entwürfe dort gebaut werden sollen. Aber die Forderung, dass der Platz frei bleiben soll, kann ich nicht nachvollziehen. Und die beiden Bauten sind als Sieger aus einem Wettbewerb Gutachterverfahren hervor gegangen.

Streit gibt es derzeit um die Bebauung freier Flächen, am Werdersee oder am Dedesdorfer Platz…

Das ist ein klassischer Zielkonflikt zwischen den Interessen der Anwohner und der Allgemeinheit. Es ist vernünftig, die Innenstädte und innenstadtnahe Flächen – und dazu zähle ich auch den Werdersee – zu verdichten und nicht die Fläche zu zersiedeln, zumal der Bedarf in den Städten besteht. Als Zentrum für Baukultur sind wir immer offen dafür, diesen Konflikt auszutragen, beispielsweise im Stadtdialog. Gerade planen wir einen zu der Frage, ob in der Überseestadt nachjustiert werden muss.

Und?

Ja. Man muss ein Gleichgewicht herstellen zwischen Arbeiten und Wohnen und zwischen verschiedenen gesellschaftlichen Schichten.  Interview: eib

19 Uhr, Speicher XI, Roter Salon