UNO warnt vor einem Kollaps der Darfur-Hilfe

Situation von Bevölkerung und Helfern in Sudans Kriegsregion „inakzeptabel“, erklären UN-Hilfswerke gemeinsam

BERLIN taz ■ In einem dringlichen Appell haben sämtliche in Darfur tätigen UN-Hilfswerke vor einem Zusammenbruch der humanitären Hilfe in der Kriegsregion im Westen Sudans gewarnt. „Die humanitäre Gemeinschaft kann das Überleben der Bevölkerung von Darfur nicht endlos sicherstellen, wenn die Unsicherheit andauert“, heißt es in der von 14 Organisationen gemeinsam verbreiteten Erklärung, die gestern veröffentlicht wurde. „Feste Garantien für die Sicherheit von Zivilisten und Helfern sind dringend nötig. Wenn nicht, werden die UN-Hilfswerke und Nichtregierungsorganisationen die fragile Linie nicht halten, die bislang vier Millionen Menschen in Darfur Hilfe und ein wenig Schutz geliefert hat.“

Der Zugang zu den Bedürftigen Darfurs – zwei Drittel der Bevölkerung – sei im Dezember 2006 so schlecht gewesen wie zuletzt im April 2004. „Wiederholte militärische Angriffe, sich verschiebende Frontlinien und die Fragmentierung bewaffneter Gruppen verhindern sicheren Zugang für Helfer“, so die UN-Hilfswerke. „Allein in den letzten Monaten wurden über 250.000 Menschen von Kämpfen vertrieben, viele davon zum zweiten oder dritten Mal. Dörfer wurden angezündet, geplündert und wahllos bombardiert, Ernten und Viehherden zerstört. Sexuelle Gewalt gegen Frauen geht in alarmierendem Ausmaß weiter. Diese Situation ist inakzeptabel.“

Weiter seien in den letzten Monaten 30 Lager der Hilfswerke angegriffen worden, 400 Helfer mussten evakuiert werden und 12 wurden getötet. „Wenn diese Situation andauert, wird die Hilfsoperation und das Wohlergehen der Bevölkerung in unumkehrbarer Weise gefährdet.“

Der Aufschrei der Helfer kommt, nachdem monatelange Bemühungen um die Stationierung von UN-Blauhelmen in Darfur wegen der ablehnenden Haltung der sudanesischen Regierung im Sande verlaufen sind. Die UNO hat sich jetzt darauf eingelassen, die bestehende Friedenstruppe der Afrikanischen Union (AU) mit Experten und Logistik zu verstärken.

In diesem Zusammenhang hat einer der wichtigsten Rebellenführer Darfurs die EU und die Nato zum militärischen Eingreifen aufgefordert. Es sei nicht hinnehmbar, dass die Weltgemeinschaft gegen „Völkermord“ nichts tue, bloß weil Russland und China im UN-Sicherheitsrat per Veto eine UN-Intervention verhinderten, sagte Abdelwahid al-Nur, ein Führer der wichtigsten Darfur-Rebellenbewegung SLA (Sudanesische Befreiungsarmee). „Das Opfer eines Verbrechens nicht zu retten ist ein Verbrechen“, so al-Nur am Dienstag in Paris. Die Europäer „müssen aktiv werden, wie in Bosnien“.

Abdelwahid al-Nur führt den Teil der SLA, der das zwischen dem SLA-Vorsitzenden Minni Minawi und Sudans Regierung im Mai 2006 geschlossene Friedensabkommen von Abuja ablehnt. Dieses Abkommen integrierte Minawi in Sudans Regierung und wurde ansonsten nicht umgesetzt. Sämtliche andere Rebellen sowie die Mehrheit der SLA-Militärkommandeure kämpfen trotzdem weiter. Al-Nur wandte sich gegen Bestrebungen von UNO und AU, neue Friedensgespräche zwischen Darfurs Rebellen und Sudans Regierung einzuleiten. Mit einem für Genozid verantwortlichen Regime könnten keine Gespräche geführt werden, sagte er. D.J.