: Zeit, den Stab zu übergeben
Die FDP ein Jahr vor der Landtagswahl in Niedersachsen: Von der Entscheidung Walter Hirches, als Wirtschaftsminister weiter zu machen, hängen bei den Liberalen viele Personalien ab – auch das politische Schicksal von Philipp Rösler
„Stefan Birkner ist der beste Generalsekretär, den wir je hatten“, sagt Philipp Rösler – und das ist kein Kunststück, denn bislang hat außer Birkner nur einer dieses Amt inne gehabt. Das ist der derzeitige Chef der niedersächsischen FDP-Fraktion und Landespartei selbst: Philipp Rösler. In den kommenden Tagen dürfte sich herausstellen, was aus dem auch in der Bundes-FDP geschätzten 33-jährigen Augenarzt wird.
Bis kommenden Mittwoch will Wirtschaftsminister Walter Hirche bekannt geben, ob er bei der Wahl am 27. Januar 2008 selbst antritt. Der 65-jährige hat in seiner Karriere bereits viele Ämter besetzt, er war lange erkrankt und könnte beim derzeit laufenden Untersuchungsausschuss zum Transrapid-Unglück Schaden leiden. Der Zeitpunkt wäre also geeignet, den Stab an seinen Ziehsohn Rösler zu reichen. Fraktionschef könnte in diesem Fall der derzeitige parlamentarische Geschäftsführer Jörg Bode werden.
Ein Jahr vor der niedersächsischen Landtagswahl beginnen bei den Liberalen die Rangeleien um die Listenaufstellungen: Da das Parlament verkleinert wird, dürften künftig nicht mehr alle der derzeit 15 FDP-Abgeordneten einen Sitz bekommen. Falls das Ergebnis der Wahl 2003 (8,1 Prozent), erreicht wird, wären es nur etwa elf bis zwölf FDP-Abgeordnete. Allerdings drängeln auch die Julis und die Region Braunschweig auf einen Job im Landtag.
Ob FDP-Generalsekretär Birkner, auch erst 33 Jahre alt, sich aufstellen lässt, hängt auch von Hirches Entscheidung ab. Geht der Minister und Vize-Ministerpräsident in Rente, wäre Platz für Birkner: Da auch Rösler, Hirche und die Sozialexpertin Gesine Meißner bereits aus der Region Hannover kommen, bliebe der Regional- und Genderproporz in der künftigen Fraktion halbwegs gewahrt. Dabei gibt es beide angeblich bei der FDP nicht: „Wir sind eine demokratische Partei: Bei uns kann jeder kandidieren, der möchte“, sagt Rösler. Ein weiterer feiner Hieb Richtung Grüne, die von den Gelben immer stärker als Konkurrenz begriffen werden.
Das zeigt sich vor allem in der Umweltpolitik: Die FDP stellt seit vier Jahren den umstrittenen Ressortchef Hans-Heinrich Sander. Bei Bauern und Jägern ist der Mann, der sein Ministerium am liebsten einsparen würde, beliebt, für Grüne und SPD gibt er ein prima Feindbild ab. Offenbar wird der 61-Jährige dem Parlament zunächst erhalten bleiben. Sander will wieder kandidieren – und dann vielleicht in der Mitte der Legislatur seinen Job abgeben. Zum Beispiel an Birkner, der bislang Leiter von Sanders Ministerbüro ist und künftig wieder als Richter arbeiten wird.
Klar ist für die Liberalen: Sie wollen das Landtagswahlergebnis von 2003 mindestens wiederholen und nach der Wahl weiter mit der CDU koalieren. Dabei setzt die Partei mit ihren landesweit derzeit 6.700 Mitgliedern vor allem auf Bildung, Wirtschaft, Justiz und Inneres. Kai Schöneberg