Eine Kaugummi-Saison geht dem Ende zu

EISHOCKEY Vor den heute beginnenden Playoffs versucht die DEL, ihre vielen Krisenherde wegzureden

Von der Euphorie um die Heim-WM im vergangenen Jahr ist nichts mehr zu spüren

BERLIN taz | Vor den heute beginnenden Playoffs wollte die Deutsche Eishockey-Liga (DEL) noch einmal Präsenz zeigen. Und hat sich dabei ganz bewusst für die Arena am Ostbahnhof in Berlin entschieden. Der bestbesuchte Eishockey-Standort im Lande sollte zu Wochenanfang als sichere Burg dienen, um zu proklamieren: Die Liga ist viel besser als ihr Ruf. „Man versucht uns eine Krise einzureden“, erklärte DEL-Geschäftsführer Gernot Tripcke bereits zu Beginn des Pressegesprächs. Wer das versucht, ist bei Tripcke wahrlich an den falschen Mann geraten.

„Die Liga ist so eng wie noch nie. Bis zum vorletzten Spieltag der Hauptrunde hätten noch alle Mannschaften Meister werden können“, lobpreiste Tripcke den hohen Spannungsfaktor der DEL. Für die Viertelfinalpaarungen trauen sich die Experten in der Tat kaum eine Prognose zu. Der einstige Bundestrainer Hans Zach gestand lediglich dem Hauptrundenersten, den Grizzly Adams Wolfsburg, eine Favoritenstellung im Duell gegen die Kölner Haie zu.

Manch einer betrachtet die Hauptrunde derweil eher als zähes Vorgeplänkel. Stefan Ustorf, der Kapitän der Eisbären Berlin, erklärte diese Woche in einem Eishockey-Magazin: „Hier zieht sich die Saison hin wie Kaugummi, aber dann, wenn es drauf ankommt und wirklich spannend wird, muss alles ganz schnell gehen.“ Er forderte, die Playoff-Duelle müssten statt im „Best of Five“ in bis zu sieben Spielen entschieden werden.

Das ist jedoch nur einer von vielen Kritikpunkten, die immer wieder an die DEL herangetragen werden. Beanstandet werden des Weiteren die schiefen Spielpläne, die sich diese Saison aus der ungeraden Teilnehmerzahl ergaben. Unattraktive Dienstagstermine und unübersichtliche Tabellenbilder waren die Folge. Gestritten wird zudem um die Frage, ob es nicht Auf- und Absteiger geben soll, wie in jedem anderen Mannschaftssport in Deutschland auch. Die Zweitligisten klagen derzeit vor dem Internationalen Sportgericht (CAS) gegen die DEL, um sich ein Aufstiegsrecht zu erkämpfen.

Es rumort also. Von der Euphorie um die Eishockey-WM in Deutschland im vergangenen Jahr, als allein das Eröffnungsspiel 75.000 Zuschauer sehen wollten, ist nichts mehr zu spüren. Ustorf sagt, angesichts der WM sei es „erbärmlich“, wie wenig positiv das deutsche Eishockey präsentiert werde.

Den Daueroptimisten Gernot Tripcke kann er mit seiner Kritik kaum gemeint haben. Die WM habe noch nie einen Einfluss auf die DEL gehabt, erklärt Tripcke. Ihn freut es, dass die Zuschauerzahlen stabil geblieben sind und es – anders als in der letzten Saison – auch noch keine Insolvenzmeldungen gegeben hat. „Momentan brennt es nirgendwo. Das werte ich als positives Signal“, sagt der DEL-Chef. Der geplante Verkauf der Hamburg Freezers, deren Eigner, die Anschutz Entertainment Group, nicht mehr bereit ist, für die immensen Verluste aufzukommen, beunruhigt ihn nicht: „Ich mach mir da keine Sorgen. Als Hallenbesitzer werden sie den Verein nur in gute Hände abgeben.“

Trotz der vielen Pleiten in den letzten Jahren muss Tripcke weit zurückgehen, um eine Erklärung für die stete ungünstige Berichterstattung zu finden. Er sagt: „Das negative Image resultiert wahrscheinlich aus den 90er-Jahren. Da hat einiges nicht gestimmt.“ JOHANNES KOPP