: Christine Lagarde will den Chefposten
IWF Die französische Finanzministerin bewirbt sich offiziell um die Nachfolge von Dominique Strauss-Kahn. Die Brics-Staaten sperren sich jedoch gegen eine automatische europäische Besetzung
BERLIN rtr/afp/taz | Nun ist es offiziell: Die französische Finanzministerin Christine Lagarde will den Internationalen Währungsfonds (IWF) leiten. „Ich habe entschieden, meine Kandidatur einzureichen“, erklärte die 55-Jährige am Mittwoch. Die Französin rechnet sich gute Chancen aus: Eine ganze Reihe von Ländern hätten ihre Unterstützung zugesagt. Zu Lagardes Befürwortern gehört auch die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) – schon weil Deutschland selbst keinen geeigneten Kandidaten hat.
Der IWF-Chefposten muss neu besetzt werden, weil der ehemalige Amtsinhaber Dominique Strauss-Kahn zurückgetreten ist. Er soll in New York eine Hotelangestellte vergewaltigt haben.
Doch gegen Lagarde regt sich Widerstand aus den Schwellenländern Brasilien, Russland, Indien, China und Südafrika. Diese sogenannten Brics-Staaten veröffentlichten in Washington eine gemeinsame Erklärung: Das ungeschriebene Gesetz, dass der IWF-Chef stets aus Europa stammen müsse, sei „veraltet“. Die Schwellenländer forderten einen „wirklich transparenten Auswahlprozess“, um den besten Bewerber zu bestimmen – „unabhängig von seiner Nationalität“.
Bei der Gründung von Weltbank und IWF auf der Konferenz in Bretton Woods 1944 hatten sich die USA und die Europäer darauf verständigt, dass die Weltbank stets von einem Amerikaner und der IWF von einem Europäer geführt wird. Inzwischen haben die Brics-Staaten jedoch stark an Bedeutung gewonnen: Der Anteil der Industrienationen an der globalen Wirtschaftsleistung ist auf unter 50 Prozent gesunken.
Die Brics-Staaten haben allerdings bisher noch keinen gemeinsamen Kandidaten präsentiert. So ist der indische Finanzexperte und ehemalige Weltbankmanager Montek Singh Ahluwalia mit 68 Jahren schlicht zu alt – die IWF-Satzung verlangt, dass Kandidaten höchstens 65 Jahre zählen dürfen.
Andere mögliche Kandidaten werden bisher nur von ihren jeweiligen Heimatländern unterstützt. So hat Mexiko seinen Notenbankchef Augustín Carstens ins Gespräch gebracht. Auch Südafrikas Exfinanzminister Trevor Manuel könnte sich bewerben.
Bis zum 10. Juni können noch Vorschläge eingereicht werden, hat das Exekutivkomittee des IWF festgelegt. Diese Frist ist kein Zufall: Bis zum 10. Juni muss nämlich auch der französische Cours de Justice de la Republique entscheiden, ob er ein Ermittlungsverfahren gegen Lagarde einleitet. Der französischen Finanzministerin wird vorgeworfen, in die sogenannte Tapie-Affäre verstrickt zu sein, die Frankreich seit Jahren beschäftigt. In der Kurzfassung: 2008 stimmte Lagarde zu, dass der französische Staat dem Geschäftsmann Bernhard Tapie 285 Millionen Euro an Schadensersatz zahlt, um ihn für windige Geschäfte der staatlichen Bank Crédit Lyonais zu entschädigen. Die Opposition witterte stets Klientelismus, weil Tapie ein guter Freund des französischen Präsidenten Nicolas Sarkozy ist. Bis Ende Juni will der IWF entscheiden, wer ihn künftig führen soll. UH
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