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Archiv-Artikel

Förderung nicht nur für Professorenkinder

FINANZIERUNG Stipendien seien nur etwas für Überflieger, glauben viele Studenten. Das ist falsch

AUS BERLIN MARTIN RANK

Katja Urbatsch staunte nicht schlecht, als ihr eine Kommilitonin erzählte, dass sie sich ihr Studium durch ein Stipendium finanziert. Urbatsch studierte damals im dritten Semester und hatte vorher noch nie etwas von dieser Art der Förderung gehört, erinnert sich die 32-Jährige heute. Sie war die erste in ihrer Familie, die eine Uni von innen gesehen hat. Heute klärt sie SchülerInnen ohne akademische Tradition auf und hat die Initiative „Arbeiterkind.de“ ins Leben gerufen. Die Wissenslücken, was Stipendien angeht, sind riesig – und das gilt nicht nur für Arbeiterkinder. Eine neue Umfrage des Instituts für Demoskopie Allensbach zeigt, dass jeder dritte Student nicht weiß, wo er sich über Stipendien informieren kann. Und nicht einmal jeder Fünfte glaubt, dass es bei der Vergabe gerecht zugeht.

Rüdiger Schulze, der Leiter der Studie, meint, dass es nicht nur an Informationen mangelt, sondern dass auch StudentInnen zu passiv bleiben: „Es besteht eine Bring- und Holschuld“, sagt Schulze. Katja Urbatsch sieht das größere Problem bei den Unis. „Oftmals erfährt man nur zufällig von den Stiftungen“, sagt sie. „Und dann fehlt es an Selbstbewusstsein – viele glauben: Das ist etwas für die Überflieger.“

Die Bewerbungen bei den Stiftungen sind mit großem Aufwand verbunden. Es müssen Gutachten eingeholt, ein Motivationsschreiben muss erstellt werden. Vor allem hierbei würden sich Studenten aus nichtakademischen Häusern schwertun, sagt Urbatsch. Zu ähnlichen Ergebnissen kommt die repräsentative Studie, die vom Reemtsma Begabtenförderungswerk in Auftrag gegeben wurde: Mehr als jeder dritte Student hält das Bewerbungsverfahren für zu kompliziert, viele glauben, dass ihre Schulnoten für ein Stipendium zu schlecht seien, andere denken, dass sie sich zu wenig für das Allgemeinwohl engagieren.

Doch das spiele bei vielen Stiftungen und Förderungswerken gar nicht mehr die Hauptrolle, sagt Urbatsch, die mit diesen in engem Kontakt steht. „Es findet derzeit ein Umdenken statt. Stipendien sind nicht nicht nur etwas für eine kleine Elite. Es reicht auch, wenn man in der Feuerwehr ist oder im Sportverein. Abhilfe könnte eine neue Hotline schaffen: „Elternkompass.info“ klärt Eltern über Stipendien auf. „Das Telefon steht nicht mehr still“, sagt Saskia Wittmer-Gerber von dem Projekt. Auch sie sieht großen Aufklärungsbedarf: „Das größte Problem ist, dass die Eltern denken, Stipendien seien nur etwas für Professorenkinder.“