Sekt am See : Nackt und glücklich
Zwei Autos, zwei Familien – ein Geburtstagspicknick am See: Großartig war er, dieser Frühsommersonntag! Im Konvoi fahren wir am Morgen gen Osten zu dem schönen Waldsee, etwa eine Autostunde von der Innenstadt entfernt. An einem großen Obstbetrieb legen wir einen Zwischenstopp ein und kaufen die Erdbeeren von hier. Köstlich.
Vom Parkplatz eines verfallenen Ausflugsrestaurants sind es noch zehn Minuten zu Fuß zum See, teilweise durch sumpfiges Gebiet. Wir packen die Kinderwagen mit dem Proviant voll und schmieren uns mit Mückenschutz ein. Es nützt nicht viel, aber es gibt Schlimmeres als ein paar Mückenstiche. An der Badestelle angekommen, breiten wir die Decken aus und stellen den Sekt ins Wasser. Die Erwachsenen schwimmen, die Kinder planschen und buddeln. Alle sind nackt und alle sind glücklich.
„Hier ist es wie im Urlaub in Mecklenburg“, sagt meine Bekannte. „Einsamer Strand, klares Wasser, keine Motorboote und keinerlei Bebauung am See – ein Paradies. Wie habt ihr das gefunden?“ Ich überlege kurz. „Den Nachbarsee kannte ich schon“, sage ich. „Und bei einer Radtour habe ich die Badestelle hier entdeckt.“
„Mach mal den Sekt auf“, ruft mir meine Frau am Nachmittag zu. „Ich will meinen Geburtstag feiern.“ Wir trinken seewasserkühlen Sekt und warmen Tee aus der Thermoskanne, dazu gibt es Sahnetorte und Rhabarberkuchen. Am Himmel ziehen ein paar dunkle Wolken auf, aus denen es plötzlich heftig regnet. Wir flüchten für paar Minuten unter eine Buche, dann scheint wieder die Sonne. Alles gut. Auf dem Rückweg kommen wieder die Mücken – aber wir sind viel zu erholt, um uns von den Quälgeistern nerven zu lassen.
Spät am Abend – die Kinder schlafen schon – nimmt mich meine Frau in den Arm. „Danke für diesen schönen Geburtstag.“
RICHARD ROTHER