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Archiv-Artikel

Liebe in Zeiten der Bedrohung

ANDERE BILDER Die Arabischen Filmtage im Hamburger 3001-Kino ermöglichen einen Blick auf die Veränderungen seit dem „Arabischen Frühling“

Von MATT

Es sind fast ausnahmslos erschreckende Bilder aus Syrien, die heute täglich auf allen Kanälen auf uns einstürzen: Bilder von Gewalt, Krieg und Terror, zerstörten Städten und verstümmelten Leichen. Unsichtbar bleibt dabei fast immer, wie komplex die gesellschaftlichen Veränderungen im Syrien seit der blutigen Niederschlagung der Proteste des Arabischen Frühlings vor drei Jahren sind.

Einen anderen Blick auf die syrische Gesellschaft und die Geschichte der letzten Jahrzehnte wirft „Ladder to Damascus“ von dem prominenten syrischen Autorenfilmer Mohamed Malas, der im vergangenen Jahr in Syrien, Libanon und Katar entstanden ist. Ein Blick, der die ganze Tragik des Bürgerkrieges zeigt – ohne eine Gewaltszene. Umso präsenter ist dabei eine zunehmend bedrohliche Atmosphäre.

Der Film erzählt die zarte Liebesgeschichte zwischen der Schauspielstudentin Ghalia (Najla El Wa’za), die glaubt, von der Seele einer jungen Frau heimgesucht zu werden, die Suizid begangen hat, nachdem sie die Nachricht von der Festnahme ihres Vaters erhalten hat. Auch Fouad (Bilal Martini) ist besessen: vom Filmemachen. Bei einer Theaterprobe lernt er Ghalia kennen und ist fasziniert von ihrer „Dualität“. Entdecken möchte er den „verborgenen Film“, den er in ihr vermutet.

Schließlich zieht Ghalia in die Wohngemeinschaft, in der Fouad gemeinsam mit jungen Künstlern, Schriftstellern, Philosophen lebt, allesamt unterschiedlicher religiöser und ethnischer Herkunft. Ein bunter Haufen voller Hoffnung auf friedliche Veränderungen – vor Beginn der Revolution keine Seltenheit. Aber keiner bleibt von der zunehmenden Brutalisierung der Verhältnisse verschont: Allgegenwärtig sind das Dröhnen der Militärjets, das Donnern der Bombardements, die Angst vor Verhaftungen. Am Ende steigt der gerade aus dem Gefängnis entlassene Hussein auf eine Leiter, festgehalten von den anderen, schreit „Freiheit“. Eine Explosion bringt ihn zum Schweigen, die Leinwand wird schwarz.

Zu sehen ist Malas’ eindringlicher Film am Samstag bei den erstmaligen Arabischen Filmtagen im Hamburger 3001-Kino. Von heute bis Sonntag bieten dabei fünf abendfüllende Filme Einblicke in Entwicklungen jenseits spektakulärer tagesaktueller Bilder; dazu gibt es zwei Kurzfilmprogramme, die sich mit dem Thema Geschlecht in der arabischen Gesellschaft sowie mit der Rolle der Musik in den Umbrüchen der letzten Jahre beschäftigen.  MATT

Do, 23. 10., bis So, 26. 10., 3001-Kino, Hamburg https://arabische-filmtage-hamburg.de