: Verkehrsminister Hermann im Stresstest
STUTTGART 21 Bei der Volksversammlung auf dem Marktplatz wird Baden-Württembergs grüner Verkehrsminister von allen Seiten heftig angegangen. Besonders Bahnhofsgegner pfeifen ihn aus
AUS STUTTGART NADINE MICHEL
Der baden-württembergische Verkehrsminister Winfried Hermann (Grüne) ist am Mittwoch sowohl von Befürwortern als auch von Gegnern von Stuttgart 21 heftig in die Mangel genommen worden. Bei der sogenannten Volksversammlung auf dem Stuttgarter Marktplatz musste sich Hermann nicht nur kritischen Fragen zum S21-Stresstest stellen, sondern auch zu den Ausschreitungen am vergangenen Montag. „Ich war sehr erschüttert“, sagte Hermann. „Ich kann nur die Bewegung warnen: Macht da nicht mit.“
Mehrere hundert Demonstranten hatten nach der Montagsdemonstration eine S21-Baustelle gestürmt, Zäune umgeworfen und Baufahrzeuge beschädigt. Mehrere Polizisten sollen dabei verletzt worden sein. Seitdem tobt ein Streit um die Deutungshoheit. Zahlreiche S21-Gegner streiten ab, dass von ihnen Gewalt angewendet worden sei, sprechen hingegen von einer „Feierabendstimmung“ und beschuldigen die Polizei, gezielt Provokateure eingesetzt zu haben. Die Polizei streitet dies wiederum vehement ab.
Hermann betonte, dass sich beide Seiten an Regeln halten müssten. Weiter verteidigte er den gerade neu ins Amt berufenen Stuttgarter Polizeipräsidenten, Thomas Züfle. Dieser pflege zivile und gewaltfreie Umgangsformen. „Da haben wir einen guten Mann“, so Hermann.
Vor allem aber für seine Aussage, dass er die Informationen unter anderem der Presse entnommen hätte und es keinen Zweifel daran geben könne, „dass es gewaltsam war“, erntete Hermann lautstarke Pfiffe von S21-Gegnern. „Das einfach zu bestreiten, ist keine kluge Strategie“, entgegnete Hermann.
Umgekehrt musste sich der Minister als „Lügenpack“ beschimpfen lassen, als es um den Stresstest ging. Hier brachte er die S21-Befürworter gegen sich auf, beispielsweise als Hermann über die Leistungskapazität des bestehenden Kopfbahnhofs redete oder die Frage deutlich verneinte, ob ihm von der Bahn schon Ergebnisse zum Stresstest vorlägen. Bis zum Regierungswechsel hatten Gegner von Stuttgart 21 die schwarz-gelbe Landesregierung stets als Lügenpack beschimpft. Nun trifft es Grün-Rot.