: Schwellenlos wählen
Wahlrecht: Die CDU präsentiert den neuen Gesetzentwurf, der die Vorgaben des Verfassungsgerichts erfüllt
Hamburgs Wahlrecht soll verfassungskonform werden. Einen entsprechenden Gesetzentwurf stellte gestern CDU-Fraktionschef Bernd Reinert vor. Auf einer Sondersitzung am Abend stimmte die CDU-Fraktion dem Vorschlag zu, so dass er heute offiziell der Bürgerschaft zugeleitet werden werden kann.
Die Neufassung ist notwendig, weil das Hamburger Verfassungsgericht am 27. April das bisherige Wahlgesetz in Teilen für verfassungswidrig erklärt hatte. SPD und GAL hatten gegen das Gesetz geklagt, mit dem die CDU-Mehrheit in der Bürgerschaft einen Volksentscheid abgeändert hatte.
In der jetzt präsentierten Neufassung entfällt die vom obersten Hamburger Gericht gerügte „Relevanzschwelle“. Diese war von der CDU ins Gesetz erfunden worden, um Änderungen an der Reihenfolge der Listenplatzierungen zu erschweren. In der Konsequenz hätte das bedeutet, so das Verfassungsgericht, dass „Listenstimmen unter den Tisch fallen“. Dies sei eine „Irreführung“ der Wähler und deshalb nicht zulässig.
Die CDU schlägt nun ein Modell vor, das sich weitgehend am 1996 eingeführten niedersächsischen Kommunalwahlrecht orientiert. WählerInnen haben weiterhin eine Stimme für eine Partei sowie fünf Stimmen für KandidatInnen in ihrem Wahlkreis. Diese können sie auf einen Menschen ihrer Wahl häufeln („kumulieren“) oder auf mehrere streuen („panaschieren“).
In die Bürgerschaft ziehen die KandidatInnen mit den meisten Stimmen ein, egal, auf welchem Listenplatz sie von ihrer Partei nominiert worden waren. Bisher hätte die Relevanzschwelle die BewerberInnen auf den vorderen Plätzen selbst bei nur wenigen Stimmen bevorzugt. 71 der 121 Sitze im Parlament werden von DirektkandidatInnen eingenommen. Die restlichen 50 Mandate erhalten ListenkandidatInnen nach der Anzahl der auf ihre Partei entfallenen Stimmen.
Auf einer Expertenanhörung vor dem Verfassungsausschuss soll der Entwurf im Juni öffentlich beraten werden. Auf der letzten Sitzung der Bürgerschaft vor der Sommerpause am 4. Juli könnte das Gesetz verabschiedet werden. Möglichst im Konsens mit der Opposition – denn eine erneute Verfassungsklage würde die für Februar 2008 anstehende Bürgerschaftswahl in Gefahr bringen. SVEN-MICHAEL VEIT