Mangel an Spendern auch in Deutschland

BERLIN taz ■ Organmangel ist nicht nur in den Niederlanden ein chronisches Problem. In Deutschland stehen derzeit rund 12.000 Patienten auf der Warteliste für ein lebensrettendes Ersatzorgan. „Drei davon sterben täglich, weil es nicht genügend Spenderorgane gibt“, erklärt die „Deutsche Stiftung für Organtransplantation“ (DSO). Dabei besteht eine große Bereitschaft in der Bevölkerung, nach dem Tod ein Organ zur Transplantation abzugeben.

„Mehr als 80 Prozent der Menschen in Deutschland befürworten die Organspende“, teilte der Nationale Ethikrat (NER) vor kurzem mit. „Zwei Drittel erklärten sich grundsätzlich bereit, selbst Organspender zu sein.“ Die Praxis sieht jedoch anders aus. Bei etwa 40 Prozent der möglichen hirntoten Spender lehnen die befragten Angehörigen eine Organentnahme ab. Für den Ethikrat liegt die Ursache des Organmangels vor allem in dem seit 1997 gültigen Transplantationsgesetz. Dort ist als Grundsatz die sogenannte Zustimmungslösung für Organspenden festgeschrieben. Ein Verstorbener muss zu Lebzeiten einer Organentnahme zugestimmt haben. Liegt keine schriftliche Zustimmung vor, werden die Angehörigen befragt. Grundlage für eine Entscheidung soll dann der mutmaßliche Wille des Verstorbenen sein. Diese Regelung besteht auch in den Niederlanden.

Um die Anzahl der Organspender zu erhöhen, schlagt der NER vor, die Zustimmungslösung abzuschaffen. Stattdessen soll jeder Bürger aufgefordert werden, sich zu Lebzeiten zu entscheiden, ob er als Organspender zu Verfügung stehen will. Liegt kein Widerspruch vor, soll der Verstorbene als potenzieller Spender eingestuft werden. In Ländern mit einer solchen Widerspruchsregelung ist das Organspendenaufkommen viel höher. In Spanien etwa gibt es über 30 Organspenden von Hirntoten pro eine Million Einwohner. In Deutschland sind es lediglich 15.

Eine weitere Ursache des Organspendenmangels ist nach Ansicht des NER die mangelnde Bereitschaft von Krankenhäuser, potenzielle Spender bei der DSO zu melden. So hätten sich im Jahr 2005 lediglich 45 Prozent der Krankenhäuser mit Intensivstationen an der Organspende beteiligt. Die Krankenhäuser weisen diesen Vorwurf zurück. Um dieser häufigen Kritik entgegentreten zu können, ließ die Deutsche Krankenhausgesellschaft (DKG) extra eine Studie anfertigen. Danach hängt das Spendenaufkommen in erster Linie von der Größe der Krankenhäuser und der Anzahl der neurochirurgischen Betten sowie den Beatmungsplätzen ab. Dort werden in der Regel auch die potenziellen Spender behandelt. „Ein Großteil der Krankenhäuser hat überhaupt keine Spender“, heißt es in der Studie. Es sei daher auch nicht überraschend, dass diese sich nicht an der Organspende beteiligten. WOLFGANG LÖHR