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Archiv-Artikel

Rot und Grün gleich Ballermann

BIERBIKES Düsseldorf und Dresden wollen die Bierbikes verbieten. Berlin wartet lieber ein Gerichtsverfahren ab. Den Grünen ist im Kampf gegen Autos sogar jedes Mittel recht

„Der Straßenraum gehört nicht nur den Autos“

CLAUDIA HÄMMERLING, GRÜNE

VON UWE RADA

Sommerzeit ist Bierbike-Zeit. Seit es warm ist, rollen sie wieder durch die Innenstadt, die muskelbetriebenen Biertheken – und es sieht nicht so aus, als würde sich daran bald etwas ändern. „Wir wollen erst abwarten, wie das Oberlandesgericht in Münster entscheidet“, sagt der Sprecher von Stadtentwicklungssenatorin Ingeborg Junge-Reyer (SPD), Mathias Gille. Bis dahin müssen Busse, Radfahrer und Autos an einspurigen Straßen – derzeit etwa baustellenbedingt Unter den Linden – dem 6 Kilometer pro Stunde langsamen Bierbike hinterherschleichen.

Anders als Berlin hatte Düsseldorf bereits im vergangenen Sommer auf den Ballermann auf Rädern reagiert. Für den Betrieb auf öffentlichen Straßen brauche es eine Sondergenehmigung, hieß es aus der Stadtverwaltung, die keinen Hehl daraus machte, diese Genehmigung verweigern zu wollen. Schließlich stehe die Fortbewegung bei einem Bierbike, anders als bei einem Fahrrad, nicht im Mittelpunkt, lautete die Begründung.

Das Düsseldorfer Verwaltungsgericht hatte diese Auffassung im Oktober 2010 bestätigt – und zugleich eine Berufung ausgeschlossen. Dagegen wiederum waren die Bierbike-Betreiber vorgegangen und bekamen recht. Im Mai dieses Jahres entschied das Oberverwaltungsgericht Münster, dass eine Berufung zulässig sei. Wann die Hauptverhandlung stattfindet, steht noch nicht fest.

Warum soll Berlin zulassen, was Düsseldorf – und neuerdings auch Dresden – verbietet? Das fragt sich Jutta Matuschek. „Da geht es nicht um Fortbewegung“, meint die verkehrspolitische Sprecherin der Linken. Mehrfach schon hat ihre Partei das Thema im Senat zur Sprache gebracht. Ohne Erfolg. „Mit Frau Junge-Reyer ist es wie immer. Sie geht auf Nummer sicher, statt von sich aus aktiv zu werden“, ärgert sich Matuschek über den Koalitionspartner von der SPD.

Gleiches findet Klaus-Peter von Lüdeke. „Diese Fahrzeuge haben im Straßenverkehr nichts zu suchen“, sagt der verkehrspolitischer Sprecher der FDP der B.Z. „Nicht nur, dass das Gegröle der Insassen die Anwohner stört. Die Bierbikes bringen die Verkehrssicherheit in Gefahr.“

Aber auch wenn die Linke das Thema Bierbike im Parlament zur Sprache brächte, gäbe es keine Aussicht auf eine Mehrheit. „Wenn man die Bierbikes verbietet, dann müsste man auch die Pferdekutschen und die Conference-Bikes verbieten“, sagt die grüne Verkehrspolitikerin Claudia Hämmerling – also die mehrsitzigen runden Tische auf Rädern, auf denen nicht gesoffen, sondern nur geguckt wird. „Und da bin ich strikt dagegen.“ Zur Begründung meint Hämmerling: „Der Straßenraum gehört nicht nur den Autos, er gehört allen. Daran müssen sich die Autofahrer gewöhnen.“

Frank Elsässer, der Inhaber der fünf Berliner Bierbikes, freut sich über die unerwartete Schützenhilfe. „Im Gegensatz zu den Conference-Bikes sind unsere Fahrer ausgebildet“, betont er. Und wenn die Party auf der rollenden Theke wie am Herrentag aus dem Ruder laufe, werde die Fahrt gestoppt. „Das steht auch in unserem Bierbike-Kodex.“

Allerdings räumt Elsässer ein, dass es manchmal zu Problemen im Verkehr kommen kann. „Normalerweise versuchen wir, Engpässe zu vermeiden“, sagt er. „Doch manchmal geht es nicht anders.“ Schließlich wollten seine Kunden nicht nur Bier trinken, sondern „auch Sehenswürdigkeiten anschauen“.