: „Das braucht keine Sau“
LATERNELAUFEN In Ottensen protestieren Anwohner gegen den geplanten Neubau am Spritzenplatz
■ 50, ist freiberuflicher Grafikdesigner und wohnt in Ottensen. Er ist Mitbegründer der Bürgerinitiative Altonaer Manifest.
taz: Herr Kohl, warum wehren Sie sich so gegen die Modernisierung des Stadtteils?
Johannes Kohl: Weil das immer bedeutet, dass sich das Stadtbild gravierend verändert und die Mieten der umliegenden Wohnungen steigen.
Was genau plant die Stadt am Spritzenplatz?
Im Moment stehen da vier flache Häuser. Eines davon ist ein altes, typisch Ottenser Gebäude. Jetzt will der Eigentümer dort einen fünf-stöckigen Glas-Betonklotz bauen. Der passt sich überhaupt nicht in den Stadtteil ein.
Ist eine zweistöckige Bebauung in zentralen Vierteln wie Ottensen überhaupt angemessen?
Das Problem ist, dass der Stadtteil schon jetzt sehr dicht bewohnt ist.
Aber gerade an dieser Ecke ist doch noch viel Luft.
Räumlich nach oben hin ja, aber bevölkerungstechnisch ist es einfach dicht. Jedes zweite Haus wurde schon um ein oder zwei Stockwerke aufgestockt. Kleinere Häuser wurden abgerissen.
Was hat sich noch geändert?
Beispielsweise die Ladenstruktur. Kleine, alteingesessene Läden sind weg. Jetzt gibt es viele Klamottenläden mit hochpreisigen Designerkleidern. Das braucht keine Sau. Zumindest nicht die Leute, die da wohnen. Es ist schick, teuer und doof.
Was wollen Sie mit dem Laternenumzug bezwecken?
Wir wollen den Investoren heimleuchten. Neubauprojekte können die gern woanders realisieren. Trotzdem sagen wir nicht, der Investor darf nicht bauen, schließlich ist es sein Eigentum. Aber die Politik sollte Rücksprache mit Anwohnern halten. Wir fordern echte Bürgerbeteiligung.
Welche Maßnahmen halten Sie denn stattdessen für sinnvoll, um den Stadtteil weiter zu verdichten?
Gar keine.
Aber Hamburg braucht doch neue Wohnungen.
Ja, aber nicht in Ottensen. Der Stadtteil ist komplett überbevölkert. Es gibt Randgebiete, etwa in den Elbvororten, da ist Platz, da kann man noch etwas machen. Auch in Blankenese passiert komischerweise überhaupt nichts.
Also bitte nicht in Ihrer Nachbarschaft?
Nein. Es geht hier nicht so sehr um diesen einzelnen Bau, sondern darum, dass der gesamte Stadtteil durch Gebäude dieser Art bedroht wird – etwa durch Mietsteigerungen.
Aber es ist doch verständlich, dass Menschen möglichst zentral wohnen wollen.
Ja, aber wir können uns ja nicht alle um die Mönckebergstraße klumpen. INTERVIEW: REA
Lichterdemo: 17 Uhr, Spritzenplatz