: „Zum Glück ist die Sprengung gescheitert“
Architektin Beate Kirsch ist froh, dass die riesigen Trümmer des U-Boot-Bunkers Fink II in Finkenwerder noch existieren. Sie hat maßgeblich an deren Umgestaltung zum Denkmal mitgewirkt. All das dokumentiert ab heute ein Katalog
BEATE KIRSCH, 41, Architektin und Künstlerin, ist Mitarbeiterin des Büros kirsch bremer artandarchitecture, das den U-Boot-Bunker gestaltet hat.
taz: Frau Kirsch, was hat Sie an der Gestaltung eines so martialischen Denkmals gereizt?
Beate Kirsch: Die Chance, sich anhand eines sukzessive freigelegten Objekts mit Geschichte auseinanderzusetzen. Wir konnten allerdings nicht alles freilegen, denn in den unteren Kammern liegen immer noch große Trümmerteile. Aber wir haben den ehemaligen Bunker doch so weit freigelegt, dass man Struktur und Dimension der Anlage begreift. Man kann die Lage einzelner Kammern noch erkennen.
Aber Sie haben die Ruine doch nur gestaltet, weil es zu teuer war, sie zu sprengen.
Eine Sprengung zugunsten eines Parks wäre den Anwohnern wohl lieber gewesen. Zumal die Älteren im Krieg im dortigen Schutzbunker Zuflucht suchten. Glücklicherweise konnte man diese Riesentrümmer nicht beseitigen, so dass wir uns damit auseinandersetzen müssen.
Aber hätten Sie persönlich ein so abstoßendes Teil nicht auch lieber gesprengt?
Ich finde es nicht abstoßend, sondern faszinierend. Ich halte es für wichtig, sich mit solchen Ruinen auseinanderzusetzen. Wir haben übrigens auf der Landseite auf die Sliprampen für die Segler die Schriftzüge „RAUM störung“ und „ZEIT erinnerung“ eingraviert und im angrenzenden Park Informationstafeln installiert.
Manche Bruchstücke sehen aus wie Felsformationen. Ist es nicht heikel, diese Dinge so ästhetisch zu belassen?
Ich finde das nicht heikel. Es ist vielmehr ein interessanter Aspekt, dass die Ruine wirkt, als wäre sie 1.000 Jahre alt. Da kann man schon das „Tausendjährige Reich“ assoziieren, von dem aber nur Ruinen blieben. Obwohl aus Stahlbeton, war dieser Bunker sehr wohl zerstörbar.
War er doch gerade nicht!
Großteils schon. Denn hier standen riesige Hallen. Auf den Fundamentstreifen, die übrig blieben, standen zwölf Meter hohe Wände sowie eine vier Meter starke Decke. Davon blieben nur Trümmer. Die zeigen wir pur, ohne sie zu überhöhen.
Aber auch ohne Kommentar. Hatten Sie nie erwogen, stärker einzugreifen?
Tatsächlich sah unser prämierter Entwurf stärkere Eingriffe vor. Wir wollten Wasserbecken auf die Bunkerstreifen setzen, die von Stahlkanten eingefasst wären. Das hätte sehr poetisch gewirkt und dem Monument Rauhigkeit genommen. Bei der Freilegung der Fundamentstreifen haben wir aber bemerkt, wie zerrüttet diese Ruine ist. Es hätte einen enormen Kraftakt sowie eine gigantische Materialverschwendung bedeutet, diese Becken zu installieren. Wir haben uns daher entschlossen, es zu unterlassen – auf die Gefahr hin, dass unser Eingriff weniger sichtbar wirkt.
Worin besteht der Eingriff denn – abgesehen von der Beschriftung?
Wir haben viel Erdreich aus den Bunkerkammern zwischen den Fundamentstreifen geholt und die Betonfundamente freigelegt, von denen vorher nur die Spitzen zu sehen waren. Jetzt ist ein Blick ins Innere möglich, der die Tiefe der Kammern erlebbar macht.
Trotzdem wirkt die Ruine wie ein Symbol erstarrter Geschichtsbearbeitung: Die Sprengung ist gescheitert, also lassen wir die Trümmer stehen, bis wir uns an sie gewöhnt haben und sie getrost vergessen können.
Ich hoffe, dass das nicht eintritt. Immerhin gibt es die Texttafeln und die Gravuren. Die sind der größte und subtilste pazifistische Eingriff, den wir anbieten wollen.
INTERVIEW: PETRA SCHELLEN
Heute wird der zugehörige Katalog „U-Boot-Bunker“ (Köln 2007, 48 S., 20 Euro) vorgestellt.