: „Das ist keine moderne Technik“
Der alte und der neue Umweltsenator diskutieren auf dem Uniumwelttag über den „sozialen Faktor“ beim Umweltschutz und das geplante SWB-Kohlekraftwerk in Mittelsbüren
von Christian Jakob
Es sollte schon ums Ganze gehen. „Klimawandel: Energiepolitik im 21. Jahrhundert“ betitelte gestern die Uni Bremen die Podiumsdiskussion zu ihrem jährlichen Umwelttag. Doch was nach großer Weltpolitik und Generationenfrage klang, fand schnell den Weg zurück in die Bremer Tagespolitik: Das geplante Kohlekraftwerk der SWB sorgte für Kontroversen – und war gleichzeitig der erste Prüfstein für den neuen, grünen Bremer Umweltsenator Reinhard Loske.
Mit Loske in der Uni-Mensa diskutierten sein Amtsvorgänger Jens Eckhoff (CDU) sowie der Generalbevollmächtigte des deutschen Atomforums, Dieter Marx. Der ursprünglich angekündigte Vattenfall-Geschäftsführer Bruno Tomauske hatte kurzfristig abgesagt. Eckhoff, 2006 wegen Querelen mit seiner Partei als Senator ausgeschieden, ist mittlerweile Windkraft-Lobbyist. Der Moderator nennt ihn einen „Grenzgänger zwischen Politik und Wirtschaft, dessen Herz jedoch noch nicht in der Wirtschaft angekommen ist“. Eckhoff liegt in seinem Sessel und widerspricht nicht. „Wünsche an die Politik formulieren“ möchte er dennoch. „Auch wenn das eine ganz neue Rolle für mich ist.“ Er ist in der kommoden Lage, Lobbyismus und Ökologie bruchlos miteinander verbinden zu können. „In anderen europäischen Ländern wird für Windenergie eine Einspeisevergütung von bis zu 16 Cent gezahlt. Hier sind es gerade mal 9,1 Cent.“ Dies, so formuliert er wenig originell, zeuge von einer „Geiz-ist-geil-Mentalität“ in Deutschland. „Alle wollen ökologischen Strom – aber keiner will ihn bezahlen.“
Für Loske ist es der erste öffentliche Auftritt als Umweltsenator. Loske ist Universitätsdozent für Energiefragen und entsprechend faktenreich geraten seine Ausführungen. In der Sache stößt er jedoch zuerst ins gleiche Horn wie Eckhoff: „Die Preise müssen steigen, wenn die Energie ökologisch wird.“ Eine ganze Weile geht das so. Ausgerechnet Atomforum-Sprecher Marx, der ein wenig stottert und pfeifende Studenten „meine Demonstranten“ nennt, ist der erste, der von der „sozialen Frage“ in der Ökologiepolitik spricht. Zu der Zeit läuft die Diskussion schon 45 Minuten. Erst dann sagt Loske etwas dazu. „Ökosteuern sind sozial ungerecht. Ökologie und Soziales müssen zusammen gedacht werden.“
Das Publikum meldet sich zu Wort, fordert eine Stellungnahme zu den Plänen der SWB, in Mittelsbüren ein 910-Megawatt-Kohlekraftwerk zu errichten. Loske ist als Senator für das Moderationsverfahren zuständig. „Daher kann ich nicht die Spitze der Bewegung sein.“ Dennoch wird er deutlich: „Das Kraftwerk hätte einen Wirkungsgrad von 45 Prozent. Moderne Technik ist das nicht.“ Der Bau sei ein „Fehler“. Die Menge an CO2-Emmissionen würde das erklärte politische Ziel, bis 2050 80 Prozent weniger CO2 auszustoßen, konterkarieren, so Loske.
Eine Blockade des Kraftwerkbaus würde lediglich „das Bremer Gewissen beruhigen“, meint hingegen Windkraft-Lobbyist Eckhoff. Die Frage, ob das Kraftwerk gebaut werden soll oder nicht, stelle sich gar nicht. „Es handelt sich um eine private Investition, die entweder hier oder eben woanders getätigt wird.“ Sinnvoll sei es, durch Auflagen die Umweltverträglichkeit zu erhöhen und gleichzeitig die entstehenden Arbeitsplätze für Bremen zu sichern. „Sonst wird das irgendwo in Niedersachsen gebaut und der Gewinn für den Klimaschutz liegt genau bei Null.“