piwik no script img

Archiv-Artikel

MUSIK

hört auf den Sound der Stadt

TIM CASPAR BOEHME

Als die Muscheln noch Hörner waren: Der Krautrocker Günter Schickert lässt aus diesen archaischen Kalkschalen psychedelische Klangquellen entstehen, die sich mit den Tönen seiner Gitarre und elektronischen Beigaben zu endlos sich fortspinnenden Spiralen fügen. Gemeinsam mit dem dadaistischen Lärmwerker Pharoah Chromium wird Schickert am Donnerstag in der Neuen Heimat für Grenzerfahrungen weit draußen im Orbit sorgen (Revaler Str. 99, 20 Uhr).

Ebenfalls am Donnerstag zu erleben – und kaum weniger extrem – ist das junge Quartett Absolutely Sweet Marie. Der namensgebende Bob-Dylan-Song ist Programm: Die Jazzmusiker haben sehr freie Coverversionen des Über-Songwriters erarbeitet, die wenig von den Vorlagen erahnen lassen, aber in ihren energischen Arrangements völlig überzeugen. Im Musikinstrumenten-Museum teilen sie sich den Abend mit dem Hanam-Quintett und den Fun Horns (Tiergartenstr. 1, 19.30 Uhr, Eintritt frei).

Das wurde aber auch Zeit: Transmit, das monolithische Power-Psychedelik-Projekt von Schlagzeuger Tony Buck, hat nach fünf Jahren sein zweites Album fertig. Auf dem geht es etwas ruhiger zu als noch 2009, dafür ist diesmal die schon in diversen Konzerten erprobte verrauschte Coverversion des Cars-Hits „Drive“ mit dabei. Am Freitag wird das Erscheinen der Platte im WestGermany gefeiert (Skalitzer Str. 133, 21 Uhr).

Besinnliche Klänge zum Wochenende, sofern erwünscht, bekommt man am Samstag im Grünen Salon der Volksbühne in der zweiten Folge der Denovali Residency Concert Series geboten. Allen voran mit der englischen Komponistin Poppy Ackroyd, die auf ihrem aktuellen Album „Feathers“ neben ihrem Hauptinstrument, dem Klavier, eine Vielzahl historischer Tasteninstrumente auffährt, die sie nicht immer sachgemäß bearbeitet, dafür allerdings die Melodien stets ökonomisch und zugänglich gestaltet. Melodisch und klavierzentriert ist auch die Musik ihres Labelkollegen Carlos Cipa, nur mit etwas weniger Geräuschanteil (Rosa-Luxemburg-Platz 2, 20 Uhr, 12 €).

Sonntag ist Legendentag. Da gibt sich nämlich der Vater des Ethio-Jazz, Mulatu Astatke, im Yaam die Ehre. Der knapp 71-jährige Kosmopolit Astatke – unter anderem war er der erste afrikanische Student am renommierten Bostoner Berklee College of Music – hat mit seiner Kombination aus traditionellen äthiopischen Klängen, Jazz und lateinamerikanischen Einflüssen die Musik seines Landes dauerhaft verändert und Werke geschaffen, deren Schönheit einzigartig ist und zudem, wie es in Jim Jarmuschs Film „Broken Flowers“ heißt, „good for the heart“ (An der Schillingbrücke, 20 Uhr, 20 €).