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Archiv-Artikel

Gewerkschaften fordern die solidarische Stadt

Hamburgs DGB stellt seine Anforderungen an die Wahlprogramme der Parteien vor: Dabei entdeckt er viele Übereinstimmungen mit der Linkspartei, etliche mit der SPD und kaum große Differenzen mit den GAL

„Solidarische Stadt“, so nennt der Hamburger DGB seine „Anforderungen“ an die Wahlprogramme der hiesigen Parteien. Landeschef Erhard Pumm und der Vorsitzende der mitgliederstärksten Einzelgewerkschaft Ver.di, Wolfgang Rose, stellten sie gestern vor – und zugleich klar, dass es es sich dabei um keine Wahlempfehlung handele. Gedacht sei das 17-seitige Papier vielmehr als „Orientierung“ für Gewerkschaftsmitglieder. Die könnten mit dieser Checkliste die Wahlversprechen der Parteien für die Wahl am 24. Februar 2008 „abklopfen“ und dann „selbst entscheiden, welche sie wählen wollen“.

Im Mittelpunkt der DGB-Sicht steht „unser Grundwert Solidarität“. Und der bedeute „ganz klar und einfach“, so Roses Erläuterung: „Es soll der großen Mehrheit der ArbeitnehmerInnen und Erwerbslosen, der Auszubildenden, SchülerInnen und Studierenden und der Senioren in Hamburg in Zukunft besser gehen als heute.“

Deshalb sei aus gewerkschaftlicher Sicht die Bekämpfung der Arbeitslosigkeit absolut vorrangig. Erforderlich sei ebenfalls eine „radikale Bildungsreform“ von der Kita bis zu den Chancen auf lebenslange Weiterbildung. Ein Themenkomplex, den Pumm und Rose miteinander verbinden. Denn den Ersatz von Ein-Euro-Jobs durch sozialversicherungspflichtige Beschäftigung kombinieren sie mit der GAL-Forderung nach einer Schule für alle. Diese sei am besten geeignet, „nicht die Langzeitarbeitslosen von morgen zu produzieren“.

Neben der Stärkung der Mitbestimmung in Betrieben und der direkten Demokratie durch Volksentscheide ist den Gewerkschaften wichtig, die Privatisierung öffentlicher Unternehmen zu stoppen. Gesundheit, Bildung, Wasser, Wohnungen, Stadtreinigung, Nahverkehr oder Kultureinrichtungen „gehören zum Gemeinwohl und müssen Eigentum der Bürger dieser Stadt bleiben“, fordern Pumm und Rose.

Dass ihre Wünsche in weiten Teilen mit den Forderungen der Linkspartei identisch sind, räumten beide auf Nachfrage ein. Und verwiesen darauf, dass es auch mit den Grünen keine unüberbrückbaren Differenzen geben dürfte. Mit SPD-Parteichef Ingo Egloff hätten sie bereits gesprochen und dabei „eine sehr weitgehende Übereinstimmung in den Grundfragen erzielt“.

Was nicht wundern muss: Pumm sitzt seit 1991 auf SPD-Ticket in der Bürgerschaft. Nach der Wahl im Februar soll Rose ihn dort als DGB-Vertreter in der SPD-Fraktion ablösen, Beisitzer im Parteivorstand der Hamburger Sozialdemokratie ist Rose bereits seit März.

Eine Wahlempfehlung, egal für welche Partei, wiesen die beiden SPD-Mitglieder jedoch ausdrücklich zurück. Die Gewerkschaften seien „parteipolitisch unabhängig“, sagte Pumm, „aber nicht politisch neutral“. Zu den weitgehenden thematischen Übereinstimmungen zwischen Linkspartei und Gewerkschaften sagte er: „Wir können uns ja nicht beschweren, wenn eine Partei im wesentlichen gewerkschaftliche Forderungen aufnimmt.“

Für den DGB sei es aber wichtig, dass seine Positionen auch umgesetzt würden. Zur Politik gehöre eben auch „gestalten und verantworten“, sagte Pumm. Das aber lehne die Linkspartei bislang ab: „Die wollen nur Opposition sein.“ Auch Rose verlangte „Durchsetzungsfähigkeit“. Es gehe um die „realpolitische Perspektive“. Die Linkspartei wolle oder könne nicht mit SPD und Grünen koalieren und Rot-Grün nicht mit der Linkspartei – da drohe die CDU des Ole von Beust allein oder mit einem Koalitionspartner nach dem 24. Februar 2008 an der Macht zu bleiben.

Das aber wäre ein Wahlergebnis, findet Wolfgang Rose, „das im Grunde für die Arbeitnehmer nur noch schlechter ist“. SVEN-MICHAEL VEIT