unverbremt
: Das Theater wirft sich in Schale

Jetzt hat Hans-Joachim Frey sein Theater richtig in „Besitz“ genommen: Seit gestern hängen die Banner der neuen Zeit am Goetheplatz, die Schlagzeile verheißt: „Ein Sturm vom Herrn bricht los!“ – eine veritable Steigerung des Slogans „Wir drehen die Hähne auf“, mit denen die neue Theaterleitung auf ihr Logo verweist, eine Vervierfachung des Pierwoß’schen Hahnes.

Die „aufgedrehten Hähne“ hatten das Problem, dass sie zeitgleich zum Erguss der Kresnik’schen Wassermassen in die Musikerstudios an die Litfasssäulen geklebt wurden. Und der „Sturm“? Verheißt einen nie dagewesenen Theaterfuror, wohlgemerkt nicht „vor dem Herrn“, sondern direktemang „vom Herrn“ – womit sich der neue Generalintendant natürlich nicht selbst meint. Er zitiert lediglich eine Zeile aus Verdis „Nabucco“.

Nun könnte man billig spotten, Freys gewaltiges gelbes Poster erinnere an einen preiswerten Stromanbieter. Auch das Beiplakat – „Ja, Ihr werdet glücklich sein!“ – lockt mit unabweisbaren Angeboten. Besser aber ist, das alles als emotionale Kompensation des extrem sterilen Spielzeitheftes zu verbuchen: Bis auf einen smarten Dressman, der sich den luxuriösen Programm-Flyer aus der Smokingtasche fingert, ist es weitestgehend menschenleer.

Man kann Frey schlecht vorwerfen, dass bei Drucklegung des 105-Seiters noch unklar war, wer überhaupt weiterbeschäftigt würde, also gezeigt werden konnte. Bei Pierwoß’ Antritt wurde ein ebenso großer Teil des Ensembles ersetzt. Schlecht beraten ist der Intendant allerdings in Sachen Design und Farbe, auch der aktuellen Plakate. Sie lassen die Wahl, sich von einem monochromen Blassblau, ebenso ausgeblichenem Hellgelb oder auch Retro-Orange ins Theater locken zu lassen. Animation ist etwas anderes. HB