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Archiv-Artikel

Aus vier mach eins

Erstmals bündeln die Initiativen rund um die Endlagerstandorte Asse, Morsleben, Gorleben und Schacht Konrad ihre Kräfte. Gemeinsam wollen sie bei der Herbst-Kampagne Druck entwickeln

VON KAI SCHÖNEBERG

Allein machen sie dich ein – sangen schon die Scherben. Doch in der Vergangenheit fanden die Bürgerinitiativen (BI) gegen Atomenergie nur selten einen gemeinsamen Nenner. „Wir haben zum letzten Mal 1993 beim Endlagerhearing in Braunschweig eine Pressekonferenz zusammen gemacht“, sagt Peter Dickel, Sprecher der atomkritischen Arbeitsgemeinschaft Schacht Konrad. Das soll sich nun ändern. Erstmals bündeln die BIs rund um die niedersächsischen Atommüll-Lagerstandorte Schacht Konrad, Gorleben, Asse und Morsleben in Sachsen-Anhalt ihre Kräfte. Eine gemeinsame „Herbst-Kampagne 2007“ ist geplant, mit Demonstrationen, Hearings und Konferenzen. Slogan: „Gorleben und Konrad – so sicher wie die einstürzenden und absaufenden Endlager Asse und Morsleben.“ Auf einer Homepage (www.atommuell-endlager.de) wollen sie ab September sogar gemeinsam über ihre Aktivitäten informieren.

Mit dem vereinten Auftreten wollen die BIs „gesellschaftlichen Druck entwickeln“, sagt Dickel. Genau daran haperte es offenbar in den vergangenen Jahren: Zu verschieden waren die Initiativen an den kaum 140 Kilometer entfernt liegenden Standorten. Sie beäugten sich freundlich, aber zur echten Kooperation kam es nie. Die Bündnisse von besorgten Anwohnern von Asse II und Morsleben hatten jedoch bislang selten bundesweite Strahlkraft. Auch der vielfach von IG Metallern aus der Region Salzgitter getragene Protest gegen Schacht Konrad ist abgeflaut, seitdem die ehemalige Eisenerzgrube als Lager für schwach strahlenden Atommüll genehmigt wurde. Und selbst zum letzten großen rituellen Anti-Atom-Happening rund um die Castor-Transporte ins Wendland, organisiert von renitenten Bauern und Anti-AKW-Gruppen, waren zuletzt immer weniger Demonstranten gekommen. In diesem Jahr fallen die Züge aus der Wiederaufbereitungsanlage im französischen La Hague zum Zwischenlager sogar aus. Fast als eine Ersatzaktion, damit die Protestbewegung nicht vollends erschlafft, scheint da eine Demo am kommenden Samstag im wendländischen Gedelitz dienen zu müssen, zu der alle vier Inis erstmals gemeinsam aufrufen.

Inhaltlich ergibt das gemeinsame Zuschlagen ohnehin Sinn. „Wir haben nun 40 Jahre Erfahrung mit Endlagerung in Deutschland“, sagt Dickel. Seine banale Erkenntnis: „Alle Konzepte sind bislang gescheitert.“ Das ehemalige DDR-Endlager Morsleben, wo 40.000 Kubikmeter Strahlenschutt lagern, ist einsturzgefährdet und soll für mehr als eine Milliarde Euro geschlossen werden. In das Versuchsendlager Asse II, in dem 125.000 Fässer schwach strahlender Atommüll lagern, sickert seit 1988 Salzlauge ein: Das einstige Salzbergwerk droht abzusaufen (taz berichtete). Die Pläne, die Asse mit einer Magnesiumchlorid-Lösung zu verfüllen, sieht BI-Sprecherin Heike Wiegel skeptisch: Die Lösung fresse die Atommüll-Verpackungen unter Tage langsam auf. Wiegel: „Man überlässt folgende Generationen eine bewusste Kontaminierung der Biosphäre.“ Darüber, wie das Problem zu lösen ist, sind sich die Atomkritiker nicht einig. Wiegel ist dafür, sich die Möglichkeit offen zu halten, die Fässer zurück an die Erdoberfläche zu holen: „Es gibt Länder, die die Rückholbarkeit für mehrere 100 Jahre offen halten“, Beispiel Norwegen. Dickel sagt: „Es gibt weltweit keine Lösung.“

Rund um Gorleben regt sich derweil die Angst vor dem Ende des Erkundungsmoratoriums, spätestens 2010. Francis Althoff von der BI Umweltschutz Lüchow Dannenberg ist für eine neue Standortsuche für schwer strahlenden Atommüll, da die Gesteinsformationen in der Gorlebener Rinne durch Erdbewegungen zwangsläufig nach oben drifteten: „Man kann sagen, Gorleben ist ein Atommüllklo mit einer Spülung nach oben.“

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