ALTE TRANSE : Nicht ins Museum
Wer in seinem Leben noch nicht hinreichend viele naive Dinge getan hat, dem empfehle ich, seine Ersparnisse für einen Oldtimerbus auszugeben und damit am nächsten Tag in Urlaub zu fahren. Das hilft. Man kann hinten eine Matratze reinlegen und die paar Sachen, die man so braucht, und dann los. Unser Bus ist ein 40 Jahre alter Ford Transit, ein alter Krankenwagen, und viele Leute sprechen uns auf ihn an und streicheln ihn wie ein dickes Pony. Solange er fährt, ist es die helle Freude. Sie trübt sich erst, als wir ein paar Kilometer auf der Stadtautobahn gefahren sind und vor uns ein Stauende auftaucht. Bremsen, Schritttempo, langsam voran – und aus. Einfach aus.
Hinter uns hupt es. Aber wir hupen nicht zurück, unsere Hupe ist kaputt. Schieben die Transe auf den Standstreifen, klappen vorne auf, gucken dumm, wissen nicht weiter. Rufen einen sogenannten gelben Engel. Der Engel heißt Hagen und berlinert wie Bolle. Er kiekt sich dit jute Stück ma an und bastelt irgendwo ’ne Feder rein, plötzlich läuft er wieder. „Ick kenn die Dinger, die machen halt so Sperenzchen, wa“, sagt er. Der Rest des Urlaubs verläuft ähnlich.
Wir fahren durch Brandenburg, Sachsen, Polen, sehen strahlend blauen Himmel, wunderschöne Sonnenuntergänge und nebliges Morgengrauen, bleiben immer wieder liegen, mal auf Kreuzungen, mal am Waldrand. Manchmal muss der Motor eine halbe Stunde auskühlen, dann setzen wir uns unter die offene Heckklappe und spielen Gitarre. Das Leben ist genau richtig so. Einmal bleiben wir stehen, weil wir vergessen haben zu tanken. Es gibt kein Warnpiepen oder so was, klar nicht. Am Ende müssen wir mit einem Getriebeschaden 200 Kilometer abgeschleppt werden. Der Typ vom Abschleppdienst lacht: „Soll ich ihn in die Werkstatt bringen oder ins Museum?“ Werkstatt bitte, wir wollen das noch ganz oft machen. MARGARETE STOKOWSKI