: Deutsche wollen mit Holocaust abschließen
GEDENKEN Laut einer Umfrage möchten 81 Prozent den Holocaust „hinter sich lassen“. Steinmeier warnt zum 70. Jahrestag der Befreiung des Konzentrationslagers Auschwitz vor „Schlussstrich“-Forderungen
BERLIN epd/kna | Zum 70. Jahrestag der Befreiung des Konzentrationslagers Auschwitz hat Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) vor einem Ende des Erinnerns an die Gräuel der Nazidiktatur gewarnt. „Es bleibt die Pflicht der Eltern, ihren Kindern zu vermitteln, dass es keinen Schlussstrich geben kann“, sagte Steinmeier der Bild am Sonntag.
Laut einer Umfrage der Bertelsmann Stiftung zu den deutsch-israelischen Beziehungen will allerdings eine große Mehrheit der Deutschen die Geschichte der Judenverfolgung lieber hinter sich lassen und sich stattdessen gegenwärtigen Problemen widmen. Einen regelrechten Schlussstrich wollen demnach 58 Prozent der Befragten ziehen. Bei den 40- bis 49-Jährigen ist es jeder Zweite, bei den über 60-Jährigen sogar 61 Prozent. Anders sieht es laut der Umfrage in Israel aus: Dort wollen nur 22 Prozent mit der Vergangenheit abschließen.
Steinmeier betonte, der Tag der Befreiung von Auschwitz, der 27. Januar, sei für Deutschland ein „Tag der Schande“. Der Außenminister sagte: „Deutschland bekennt sich zu seiner historischen Verantwortung für den Holocaust und die Verbrechen der Nazis an Millionen von Menschen in Polen, in der ehemaligen Sowjetunion und anderswo.“ Die Deutschen könnten sich glücklich schätzen, dass sie nach 70 Millionen Toten im Zweiten Weltkrieg und sechs Millionen ermordeten Juden wieder im Kreis der Völkergemeinschaft aufgenommen worden seien.
An diesem Dienstag jährt sich die Befreiung des Vernichtungslagers Auschwitz in Polen durch die Sowjetarmee zum 70. Mal. Dort kamen während des Zweiten Weltkrieges durch industriell betriebenen Massenmord rund 1,1 Millionen Menschen ums Leben. Insgesamt fielen dem Mord an den europäischen Juden durch die Nationalsozialisten rund sechs Millionen Menschen zum Opfer. Verfolgt und in großer Zahl getötet wurden auch Regimegegner, überzeugte Christen, Sinti und Roma und Homosexuelle.
Im Bundestag wird Bundespräsident Joachim Gauck am Dienstag auf Einladung des Parlaments die Hauptrede in der Gedenkstunde halten. Nach der Gedenkstunde will Gauck als „stiller Gast“ an der zentralen Gedenkfeier zur Befreiung des Vernichtungslagers in Auschwitz teilnehmen. Aus Deutschland begleiten ihn unter anderem der Präsident des Zentralrats der Juden, Josef Schuster, sowie Romani Rose, der Präsident des Zentralrats der Sinti und Roma.