Der polnische Export

Es kommt nicht oft vor, dass es dem Fußball-Zweitligisten FC St. Pauli gelingt, einen amtierenden Nationalspieler aus einer der größeren Fußballnationen nach Hamburg zu lotsen. Umso größer war die Freude am Millerntor, als Sportchef Thomas Meggle vor einigen Tagen die Verpflichtung des 18-maligen polnischen Nationalspielers Waldemar Sobota bis zum Saisonende verkündete. Schon beim ersten Testspiel – dem 2:0-Sieg gegen den Bundesligisten SC Paderborn – wusste der 27-jährige Sobota, der in seiner Heimatstadt Ozimek das Fußballspielen lernte, zu gefallen. Ab kommenden Samstag soll er nun im offensiven Mittelfeld für die Mission Klassenerhalt der auf einem Abstiegsplatz überwinternden Hamburger wirbeln.

Weil er beim belgischen Rekordmeister FC Brügge zuletzt nur noch selten zum Einsatz kam, ohne Spielpraxis aber auch um seinen Platz im Nationalteam und seine Teilnahme an der Europameisterschaft 2016 bangen muss, wechselte Sobota im Januar an die Elbe – vorerst nur auf Leihbasis und bis zum Saisonende im Mai. Allerdings haben die Hamburger eine Kaufoption für den polnischen Mittelfeldspieler herausgehandelt, der als Mitglied der deutschen Minderheit in Polen und als Ex-Germanistikstudent keine Verständigungsprobleme mit seinen Mitspielern haben dürfte. Schon immer habe er in der Bundesliga spielen wollen, sagt Sobota. Das es nun nur die zweite Liga geworden ist, sei für ihn „kein Rückschritt“.

Ob der Spieler mit der Rückennummer 28 auch über den Sommer hinaus in Hamburg bleiben wird, hängt aber nicht nur davon ab, ob er mit ansprechenden Leistungen seinem neuen Arbeitgeber hilft, die Klasse zu erhalten. Mit Sobota, der Verpflichtung von Julian Koch (bislang Mainz 05) und der geplanten Verstärkung mit dem Panamaer Armando Cooper, hätte der FC. St Pauli 33 Profis unter Vertrag - so viele wie sonst nur hannover 96 im deutschen Profifußball. Bei so vielen Spielern ist Frust bei denen, die kaum zum Einsatz kommen werden, ebenso programmiert wie eine Verschlankung des Kaders im Sommer. Doch ob Pauli-Trainer Ewald Lienen zukünftig wieder auf junge Talente wie Sebastian Maier, Lennart Thy und Okan Kurt oder doch auf mehr Routine und damit Akteure wie Koch oder Sobota setzt, steht in den Sternen.

Drei verschiedene Trainer und zwei Sportchefs in der ersten Saisonhälfte haben die Personalplanung des FC St. Paulis zu einem bunten Gemischtwarenladen werden lassen und den Kader aufgebläht. Während Meggle vor allem junge Eigengewächse an die Liga-Mannschaft heranführen will, betont der 61-jährige Lienen stärker den Wert erfahrener Spieler.  MARCO CARINI