STEFFEN GRIMBERG DER WOCHENENDKRIMI : Welcome back to 1977!
Nur falls irgendwo das Missverständnis vorherrschen sollte, dass die neue ARD-Vorabendoffensive mit ihren Regionalkrimis unter dem Schlimmstes befürchten lassenden Motto „Heiter bis tödlich“ auch nur den Hauch von „neu“ ist: Welcome back to 1977!
Münchens legendäre „Polizeiinspektion 1“ hat sich soeben aus den alten blauen Polizeiuniformen gepellt und ist in die nigelnagelneue Arbeitsbekleidung in den heute noch im Dienstalltag gern gesehen Farben speiübelgrün/blasskacki/schalgelb geklettert.
Und schon geht’s los, mit rasanten Skateboardfahrten längs der Isar, dazu singt Neil Diamond „Song Sung Blue“, und schon die allseits zu besichtigende Haartracht ist zum Wegschreien komisch. Trotzdem ist alles so regional, dass in jeder Folge fast alle Münchner Postkartenkitschmotive auftauchen. Und Wachtmeister Heinl (ein schrecklich junger Elmar Wepper) wie der aktuelle Verdächtige, der unpassenderweise sein Schulfreund ist, sprechen prachtvoll Dialekt.
Zum Glück wurde 1977 noch so langsam ermittelt, dass man als televisionär Zugereister problemlos mitkommt. Walter Sedlmayr gibt den formvollendeten Inspektionsleiter, und Heinls Frau Ilona ist niemand Geringeres als Uschi Glas.
Wenn jemand zusammengeschlagen wird, waren’s „die Türken“, Political Correctness ist hier genauso wenig angesagt wie gesundheitsbewusstes Arbeiten: Im Dienst wird gesoffen und im Bett geraucht. Auch das „neue Grün“ der Polizei wird ausgiebig durch den Kakao gezogen.
In der ersten vom Bayrischen Rundfunk zur Erinnerung an den verstorben Regisseur Franz Geiger ausgestrahlten Folge „Chloroform für zwei“ wird noch ein schwuler Antiquitätenhändler vor- und der Täter abgeführt, in der zweiten wird dann Uschi Glas sogar ein bisschen untreu, dazu trällert Cat Stevens – alles sehr heiter und garantiert nicht tödlich.
■ „Polizeiinspektion 1“, Sa., 22. 10., ab 23 Uhr, BR