: Schnüffelsoftware auf Schulcomputern
URHEBERRECHT Schulen sollen Software installieren, die Schulcomputer durchsucht. Lehrer entsetzt
BERLIN taz | Die Schulbuchverlage und die Verwertungsgesellschaften haben mit den Kultusministern vereinbart, dass mindestens ein Prozent aller staatlichen Schulen mit einer sogenannten Plagiatssoftware ausgestattet werden. Diese soll jedoch keine geraubten Zitate, sondern illegale Kopien von Unterrichtsmaterialien aufspüren. Betroffen wären rund 400 Schulen.
In einem Vertrag vom Dezember 2010, der Anfang des Jahres in Kraft trat, verpflichten sich die Kultusminister auch, disziplinarische Maßnahmen gegen Lehrer und Schulleiter einzuleiten, denen das Vervielfältigen von urheberrechtlich geschützten Werken nachgewiesen wird.
Der Vorsitzende des Philologenverbandes, Heinz-Peter Meidinger, reagierte entsetzt: „Ich halte es für äußerst problematisch, dass an Schulen verdachtsunabhängig Spionagesoftware, also Trojaner, zum Aufspüren von unerlaubten Digitalisaten installiert werden soll“, sagte Meidinger der taz.
Die im Verband der Schulbuchverlage zusammengeschlossenen Unternehmen halten den Einsatz einer solchen Spürsoftware dagegen für unbedenklich. „Vom heimlichen Ausspähen kann nicht die Rede sein“, meint Sprecher Christoph Bornhorn. Die Schulen seien ja informiert. Außerdem handle es sich nicht um Privatrechner.
Marit Hansen von der Datenschutzbehörde in Schleswig-Holstein sieht den Einsatz einer solchen Software hingegen sehr skeptisch. In einer Stellungnahme für die taz schreibt sie: „In jedem Fall ist diese Scan-Software kritisch für alle informationstechnischen Systeme, die von Lehrkräften auch für eigene Daten genutzt werden, und dies scheint mir zurzeit die typische Ausgestaltung zu sein.“ Ihr sei außerdem nicht bekannt, dass im Vorfeld des Vertragsabschlusses die Datenschutzbeauftragten eingebunden wurden.
Auch die Lehrergewerkschaft GEW zeigt sich alarmiert. Damit würden die Lehrkräfte gezielt einer Ausforschung im Interesse Dritter ausgesetzt, erklärte GEW-Vorsitzender Ulrich Thöne. „Wir sind überrascht. Trojaner haben an Schulen nichts zu suchen.“
Die Software soll laut Vertrag noch in diesem Schuljahr bereitgestellt werden. Nach Auskunft des Verbandes der Schulbuchverlage verschiebt sich die Einführung aber – sie muss noch entwickelt werden. ANNA LEHMANN
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