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Archiv-Artikel

Zusammen sein, wirklich zusammen sein

Sie haben das Vertrauen in die Märkte verloren? Sie halten Postdemokratie nicht für die beste aller Regierungsformen? Sie sind pleite und haben keine Lust, die Warenförmigkeit der Beziehungen im Kapitalismus durch das Verschenken von Produkten zu bekräftigen? Sie finden, dass nichts so ist, wie es sein soll? Sie möchten, dass sich in Ihrem Leben etwas ändert? Das ist schön, dann sind Sie hier richtig.

Vorschlag für die dunklen Tage: Sie laden zwei Freundinnen ein. Sie bereiten Ihr Lieblingsgericht vor. Es soll Ihnen Spaß machen zu kochen, aber keine besondere Mühe oder Kosten verursachen. Sie besorgen Kerzen, Wein oder andere Drogen Ihrer Wahl. Bevor die Gäste kommen, loggen Sie sich aus dem Netz aus. Sie schalten das Handy ab und unterbrechen die Telefonverbindung. Sie legen alle Uhren und Fotoapparate in eine Schublade. Verstauen die Badezimmerwaage in einem Schrank. Ziehen die Stecker aller elektrischen Geräte aus den Dosen, bis auf den Kühlschrank, dort befindliche spirituelle Getränke und Lebensmittel sollen nicht zu warm werden. Dann löschen Sie alle elektrischen Lichter, drehen die Birnen aus der Fassung, zünden die Kerzen an und drehen die Heizung auf. Wenn Ihre Freunde kommen, bitten Sie sie, Mobilfunkgeräte, Pads etc. auszuschalten. Lassen Sie sich nicht bequatschen, bleiben Sie hartnäckig. Bitten Sie Ihre Freunde darum, ihre Armbanduhren abzunehmen. Jetzt kann es losgehen! Essen Sie, trinken Sie, rauchen Sie, sprechen Sie, singen Sie, lachen Sie, weinen Sie. Tun Sie, was immer Ihnen beliebt. Freuen Sie sich. Es ist das letzte Mal, dass Sie so zusammen sind. ULRICH GUTMAIR