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Kirchen kritisieren Waffenexport

Deutsche Rüstungsexporte gehen auch in Spannungsgebiete wie Indien und Pakistan, sagen Experten der Kirchen. Die Regierung behauptet, ganz streng zu sein

BERLIN ■ afp/epd Die beiden großen Kirchen haben kritisiert, dass Deutschland immer mehr Waffen und Kriegsgerät exportiert. Die Gemeinsame Konferenz Kirche und Entwicklung (GKKE) bemängelte am Montag in Berlin, dass Rüstungsgüter in zahlreiche Länder geliefert würden, „in denen die Menschenrechte nicht gewährleistet sind und die in Spannungsgebieten liegen“. Nach Ansicht der Kirchenvertreter gibt es „Defizite in der politischen Kontrolle, die diese Entwicklung begünstigen“. Es könne von einem Mangel an guter Regierungsführung auf dem Gebiet der Rüstungskontrolle gesprochen werden, sagte der evangelische Vorsitzende der GKKE, Prälat Stephan Reimers. Die Bundesregierung wandte sich gegen die Darstellung der Kirchen.

Die Genehmigungen für Einzel- und Sammelausfuhren von Rüstungsgütern beliefen sich im vergangenen Jahr nach Berechnungen der Kirchenkonferenz auf insgesamt 7,7 Milliarden Euro, nach 6,2 Milliarden Euro im Jahr 2005. Größte Abnehmer waren Griechenland, Südkorea, die Niederlande, Südafrika und die Türkei.

Grund für den steilen Anstieg sei, dass immer mehr Sammelausfuhrgenehmigungen für Waffen und Bauteile erteilt werden, die zunächst in andere Staaten der EU und des Nato-Bündnisses exportiert werden. Über den endgültigen Verbleib dieser Exporte mache die Bundesregierung jedoch keine Angaben. „Es ist nicht auszuschließen, dass dadurch vermehrt Rüstungsgüter aus deutscher Produktion in Entwicklungsländer gelangten“, sagte der katholische Vorsitzende der GKKE, Prälat Karl Jüsten. Der Anteil direkter Lieferungen in Entwicklungsländer liege erneut bei über 20 Prozent. Der katholische Prälat missbilligte, dass unter den Empfängern etwa Indien und Pakistan sind: „Unter den ethischen Kriterien von Frieden, Sicherheit und Entwicklung ist das unakzeptabel.“

Die im Koalitionsvertrag von Union und SPD angekündigte restriktive Exportpolitik werde „durchlöchert wie ein Schweizer Käse“, kritisierte Jüsten. Die Kirchen fordern deshalb einen grundlegenden Wandel der Genehmigungspraxis. „Nicht die Ablehnung von Exportanträgen in ‚Drittländer‘, sondern die Genehmigung muss begründungspflichtig sein“, forderte Reimers. Gebraucht würden mehr Transparenz und politische Kontrolle, vor allem auf parlamentarischer Ebene. Es sei ein „Armutszeugnis des Bundestags“, dass sich das Parlament mit den letzten drei Rüstungsberichten der Bundesregierung nicht befasst habe.

Ein Sprecher von Bundeswirtschaftsminister Michael Glos (CSU) sagte, dass Deutschland im internationalen Vergleich „eines der restriktivsten Regime für Rüstungsexporte hat“. Unter den Ausfuhren des vergangenen Jahres seien Schnellboote mit großen Auftragsvolumina, daher könne nicht pauschal von Steigerungen gesprochen werden. Regierungssprecher Ulrich Wilhelm sagte, der Gesamtwert der tatsächlich exportierten Kriegswaffen sei um etwa 16 Prozent gesunken, der größte Teil sei an EU- und Nato-Länder geliefert worden.

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