Innenminister Friedrichs Erwägung: NPD-Verbot ohne Abzug der V-Leute
In der Diskussion um ein Verbot der rechtsextremen NPD hat Innenminister Friedrich eine neue Option ins Spiel gebracht: Ein Verbotsverfahren ohne den Abzug aller V-Leute.
BERLIN dapd/dpa | In der Union mehren sich Forderungen nach einem neuen Verbotsantrag gegen die rechtsextreme NPD. Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) denkt über Möglichkeiten für ein NPD-Verbotsverfahren nach, ohne alle V-Leute abziehen zu müssen. "Wir werden prüfen, ob es einen gangbaren Mittelweg gibt", sagte er der Düsseldorfer Rheinischen Post.
Friedrich sagte, das Bundesverfassungsgericht habe darauf hingewiesen, dass Beweise gegen die NPD nicht verwertbar seien, wenn V-Leute in der Partei selbst aktiv mitmischen. Natürlich seien aber auch Informationen aus dem Innenleben der Partei sehr wichtig.
CSU-Generalsekretär Alexander Dobrindt sagte der Bild-Zeitung: "Die NPD gehört verboten. Der Rechtsstaat muss alle zur Verfügung stehenden Mittel einsetzen, um solchen Verbrechen auch den ideologischen Nährboden zu entziehen."
Der scheidende israelische Botschafter in Berlin, Yoram Ben-Zeev, sagte dem Blatt, die NPD stelle das demokratische Deutschland infrage. "Demokratien müssen sich gegen so etwas wehren", sagte er. "Solche Bewegungen sind ein Krebs, und man muss ihn herausschneiden. Sonst breitet der Krebs sich aus, besonders in wirtschaftlichen Krisenzeiten."
Die SPD-Bundestagsfraktion hat unterdessen die Einsetzung eines unabhängigen Expertengremiums ins Gespräch gebracht, um die Pannen bei der Aufklärung der Neonazi-Mordserie zu durchleuchten. Das Gremium solle volle Akteneinsicht erhalten, sagte Innenexperte Michael Hartmann der in Halle erscheinenden Mitteldeutschen Zeitung. Als denkbare Mitglieder nannte er frühere Bundesminister oder Richter. Von Überlegungen, einen Untersuchungsausschuss des Bundestages oder einen Sonderermittler einzusetzen, rückte Hartmann hingegen ab, da vor allem Landesbehörden versagt hätten.
Bund und Länder wollen am heutigen Mittwoch mit der Aufarbeitung der Mordserie weiter vorankommen. In Berlin tagt das Bundestagsgremium zur Kontrolle der Geheimdienste (PKG) in einer Sondersitzung. In Erfurt nimmt eine Untersuchungskommission zur rechtsextremen Terrorzelle aus Thüringen die Arbeit auf. Den Vorsitz hat der ehemalige Richter am Bundesgerichtshof, Gerhard Schäfer, übernommen, der bereits als Sachverständiger für das PKG gearbeitet hat.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Umgang mit der AfD
Sollen wir AfD-Stimmen im Blatt wiedergeben?
Krieg in der Ukraine
Kein Frieden mit Putin
Entlassene grüne Ministerin Nonnemacher
„Die Eskalation zeichnete sich ab“
Warnung vor „bestimmten Quartieren“
Eine alarmistische Debatte in Berlin
Rückzug von Marco Wanderwitz
Die Bedrohten
Repression gegen die linke Szene
Angst als politisches Kalkül