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Archiv-Artikel

spielplätze (6) Brasilianer sind auch irgendwie Afrikaner

Manch einer wird sich an diesem Abend gedacht haben, man sollte öfters ins Museum gehen – zumindest ins Ethnologische. Etwa 100 Besucher bekamen hier am Samstag Gegenwartskunde mit historischer Dimension dargeboten. Im Dahlemer Museum wurde nämlich im eigens eingerichteten WM-Studio Afrika das Spiel Ghana gegen Tschechien gezeigt. Dabei erzielten die Ghanaer nicht nur ihre ersten WM-Tore, sondern sie feierten auch den ersten WM-Sieg in ihrer Fußballhistorie. Die Museumsgänger in Berlin freuten sich ebenfalls sehr, denn nur falls ein afrikanisches Team die Vorrunde übersteht, bleibt das WM-Studio Afrika bestehen. Bis auf das Finale und die Sonntagsspiele sind hier nur Begegnungen mit afrikanischer Beteiligung zu sehen.

Schon im Vorfeld der WM hatte es der Fußball in diverse Museen Berlins geschafft. Es gab Ausstellungen im Gropius-Bau, im Deutschen Historischen sowie selbst im Medizinhistorischen Museum. Die Verantwortlichen des Ethnologischen Museums waren aber die Einzigen, die erkannt haben, dass Fußballinteressierte am liebsten eine Großleinwand haben, auf der man sich ein Spiel anschauen kann.

Monika Zessnik, die das Projekt betreut, hat ein feines Gespür dafür, was man dem Fußballfan zumuten darf. „Zu viel Kulturprogramm um ein Fußballspiel wollen die Leute nicht haben“, erklärt sie. Überwiegend kämen die Besucher wegen der Spiele. Dennoch wird man in Dahlem seinem kulturellen Auftrag durchaus gerecht. Angrenzend zum Fußballschauplatz können sich Besucher die interessante Ausstellung „Ballarbeit“ ansehen. Schwerpunktthema ist der Fußball als Feld von Integration und Ausgrenzung. Bei den Live-Übertragungen ist für die Zeit vor, zwischen und nach den Halbzeiten ein Rahmenprogramm organisiert.

Am Samstag traten ghanaische Rapper und die Journalistin Eva Apraku auf. Sie stellte sich den Fragen als Ghana-Expertin. Mit der Erfahrung eines Stadionbesuchs in Ghana und ihren besten Kontakten zu einem ghanaischen Sportjournalisten war sie natürlich prädestiniert für diesen Part. Nach Einschätzung von Monika Zessnik kommen die meisten Zuschauer aus der unmittelbaren Nachbarschaft, also aus dem Dahlemer Villenviertel. Die Stimmung während des Spiels ist etwas blutleer. Emotionen sparen sich die Afrikasymphatisanten für den Torjubel auf. Afrikaner selbst sind nur wenige hier. Aber Sinn der Veranstaltung sei ja auch, dass Nichtafrikaner mit dem ihnen fremden Kontinent in Berührung kommen sollen, sagt Zessnik.

Am Ende des Abends greift sie zum Mikrofon, verabschiedet sich und weist die Zuschauer darauf hin, dass am Sonntag aufgrund fehlender afrikanischer Beteiligung die Partie Brasilien gegen Australien gezeigt wird. Sogar eine programmatische Brücke zum WM-Konzept des Ethnologischen Museums findet sie noch:. „Eigentlich sind die Brasilianer auch mal Afrikaner gewesen.“ JOHANNES KOPP

WM-Studio Afrika: Ethnologisches Museum, Lansstraße 8, eine große Leinwand, alle WM-Spiele mit afrikanischer Beteiligung, Sonntagsspiele und WM-Finale