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Archiv-Artikel

Gattenmord auf Deutsch

Die meisten Tötungsdelikte finden innerhalb einer Partnerschaft statt: Frauen wollen die Freiheit. Männer töten aufgrund von Verlustängsten

Im Volksmund heißt es – in Anlehnung an einen Film mit Marcello Mastroianni – „Scheidung auf Italienisch“, doch das Töten des Ehegatten liegt auch hierzulande im Trend. Die Hälfte aller männlichen Tötungsdelikte werden an der Partnerin vollzogen, bei den Frauen liegt die entsprechende Quote sogar bei 80 Prozent. Was jedoch nicht heißen soll, dass sie die fleißigeren Partner-Killer sind, denn insgesamt begehen sie ja relativ selten Mord und Totschlag. Studien der letzten Jahre zeigen: Auf jedes männliche Opfer einer partnerschaftlichen Tötung kommen sechs weibliche.

Nicht nur quantitativ, auch hinsichtlich ihrer Methoden unterscheiden sich die Geschlechter, wenn sie ihren Partner umbringen. Frauen greifen eher zu Küchenmesser oder Gift, während der Mann sich vorzugsweise auf seine würgenden oder prügelnden Hände verlässt. Aus Angst töten Frauen ihren Mann oft, wenn er betrunken ist oder schläft. Oft meiden sie beim Töten sogar komplett den Körperkontakt, indem sie die Tat von jemand Drittem durchführen lassen. All das führt dazu, dass sie im Falle des Entdecktwerdens sich vor Gericht wegen Mordes oder zumindest Mitwisserschaft verantworten müssen. Männer töten hingegen ihre Frau meistens im Suff, in einem Schwall von Wut und Verzweiflung, weswegen sie später nur wegen Totschlags angeklagt werden.

Rechtspsychologe Professor Peter Steck von der Universität Konstanz warnt jedoch davor, den Mann bei der Partnertötung voreilig als affektgeleiteten Spontantäter und die Frau als eiskalt planende Mörderin darzustellen. Denn näher besehen sei auch die Handlungsweise der Frauen „von einem hohem Konfliktniveau begleitet“.

Steck fand heraus, dass viele der betroffenen Frauen zunächst eine normale, einverständliche Trennung von ihrem Partner angestrebt, dann aber – vermutlich unter Druck des Mannes – davon Abstand genommen haben. Was auch deutlich macht, worum es den meisten Frauen bei der Tötung ihres Partners eigentlich geht. Nämlich darum, sich aus dem Joch einer Partnerschaft zu befreien, die als demütigend und gefährlich empfunden wird, beispielsweise deshalb, weil der Mann immer wieder Familienmitglieder verprügelt.

Die Partnertötung von Seiten des Mannes steht hingegen meistens unter umgekehrten Vorzeichen. In ihr vollzieht sich eigentlich nur, was er vorher schon mit seiner Partnerin versucht hat, allerdings ohne Erfolg: nämlich ihre totale Unterwerfung. Männer töten ihre Frauen aus Verlustängsten heraus. Oft hegen sie den Verdacht, ihre Frau schon an einen Nebenbuhler verloren zu haben.

Als Auslöser reicht aber auch, wenn sich der Mann insgesamt sinn- und machtlos fühlt, wie es ja gerade bei Arbeitslosigkeit die Regel ist. Das Töten der Lebensgefährtin mithin als einer von vielen Akten in einem insgesamt verkorksten Männerdasein. Und ein letzter verzweifelter Versuch, doch noch Kontrolle über das Leben zu bekommen. Nicht selten folgt ihm die Selbstzerstörung: Jeder zehnte Mann richtet sich nach dem Töten seiner Partnerin selbst. JÖRG ZITTLAU