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Archiv-Artikel

Mediamarkt ist doch so blöd

Mit Werbespots über diebische Polen löst der Elektronik-Discounter Mediamarkt eine Protestwelle im Nachbarland aus

BERLIN taz ■ Eigentlich lautet der Werbeslogan von Mediamarkt „Ich bin doch nicht blöd“. Nun aber hat der Elektronikriese mit seiner neuen Werbekampagne das Gegenteil bewiesen. Einen TV- und einen Radiospot zur Fußball-WM, in dem polnische Mediamarkt-Kunden als Diebe dargestellt werden, musste der Konzern gestern nach zahlreichen Protesten zurückziehen.

Im TV-Spot des Unternehmens loben drei polnische Kunden die Preise des Konzerns. „Sie sind so tief wie die polnische Seele.“ Der TV-Verkäufer von Mediamarkt, Oliver Pocher, zeigt daraufhin seine Uhr und meint: „Der Pole ist doch ein anständiger Mensch.“ Am Ende des Spots werden die Mediamarkt-Mitarbeiter noch einmal gezeigt – ohne Hosen.

Ähnlich gestrickt ist auch der Radiospot. Darin antwortet ein Pole auf die Frage nach seinem Namen zweideutig: „Ich Klaus.“ Bald aber stellt sich heraus, dass die Preise bei Mediamarkt so niedrig sind, dass sich nicht einmal das Klauen lohnt.

Kaum waren die Spots am Wochenende im Fernsehen und Radio ausgestrahlt worden, hatte eine Welle von Protesten eingesetzt. Bei der polnischen Botschaft und der Mediamarktzentrale gingen zahlreiche Anrufe ein. In den polnischen Medien gab es Berichte über „Polen als Diebe“. Auch Mediamarkt Polska, die in Polen 30 Märkte betreibt, distanzierte sich von der deutschen Werbekampagne. In einem Brief an Mediamarkt hatte schließlich am Montag auch der polnische Botschafter in Deutschland, Andrzej Byrt, protestiert. In den Spots, heißt es in dem Schreiben, das der taz vorliegt, bediene sich die Firma „eines der Deutschen unwürdigen und falschen Stereotyps, laut dem polnische Kunden Diebe wären“. Würden die polnischen Kunden nicht ehrlich zahlen, heißt es in dem Schreiben weiter, „hätte Mediamarkt kein Interesse daran, in Polen zu bleiben“. Byrt forderte Mediamarkt deshalb auf, die Werbung zurückzuziehen.

Gestern Morgen kam das Unternehmen der Forderung nach. Zur Begründung sagte Mediamarkt-Sprecher Bernhard Taubenberger: „Wir wollen mit unserer Werbung bewusst an Grenzen stoßen, diese Grenzen aber nicht überschreiten. Das ist uns bei den polnischen Spots gründlich misslungen.“ Die zahlreichen Proteste hätten gezeigt, dass sich viele Bürger vor allem polnischer Herkunft verletzt gefühlt hätten.

Die beiden Spots waren Teil der Mediamarkt-Kampagne zur Fußball-Weltmeisterschaft in Deutschland unter dem Label „Wir holen den Titel“. Die Spots über französische oder britische Mediamarkt-Kunden sind noch auf Sendung. Sie spielen mit dem Klischee der erotischen Französin und der etwas steifen Briten. UWE RADA