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Archiv-Artikel

ATOMENDLAGER: MINISTER GLOS ERHÄLT DIE ERWÜNSCHTE STUDIE Ein Fall von Pseudowissenschaft

Ziemlich verworren alles. Da kommt die Bundesanstalt für Geowissenschaften (BGR) nun in einer Studie zu dem Schluss, dass sich Tongesteine wegen ihrer „ungünstigeren Eigenschaften“ nicht als Endlagerstätten für Strahlenmüll eignen. Und gleichzeitig muss man erleben, wie die Schweiz in Benken unweit der deutschen Grenze in eben jenem Tongestein ein Endlager für hochradioaktiven Müll plant. Stellt die Schweiz also geringere Sicherheitsanforderungen? Nein, nein, heißt es bei der BGR, so könne man das nicht sagen. Aber was denn dann?

Eine fundierte Antwort darauf braucht man bei genauer Betrachtung jedoch nicht, denn die BGR hat in Sachen Tongesteine nicht wissenschaftlich, sondern politisch entschieden. Dazu muss man wissen: Die BGR untersteht dem Bundeswirtschaftsministerium. Und dessen Chef Glos will den deutschen Atommüll am liebsten ohne weitere Verzögerungen ins Endlager nach Gorleben bringen. Zum einen ist Glos unbelehrbarer Atomfan und daher ziemlich drauf erpicht, dass die Endlagerfrage nicht mehr ewig im Raum hängt. Zum anderen aber – und das ist womöglich noch entscheidender – ist er Bayer. Und als solcher sieht er es lieber, wenn der Dreck in Niedersachsen verbuddelt wird, als dass dieser in Süddeutschland bleibt. Tongesteine jedoch gibt es auch in Bayern. Kämen diese als Alternativen zu Salzstöcken in die Debatte, wäre das Glos also auf doppelte Weise unwillkommen.

Gegenspieler des Wirtschaftsministers ist Umweltminister Gabriel. Der ist Niedersachse, und schon allein deswegen eher gegen den Standort Gorleben. Die Suche nach Alternativen käme ihm somit gelegen, weil er damit das Endlager Gorleben hinauszögern und im Idealfall sogar verhindern könnte. Das wäre gut für Niedersachsen, und gut auch für den Atomkritiker Gabriel, der ungern als derjenige in die Geschichte eingeht, in dessen Ägide das deutsche Endlager gebaut wird.

Dieser verqueren Logik von regionalen Interessen und politischen Positionen hat sich nun offensichtlich die BGR untergeordnet – und damit deutlich gemacht, wie absurd die Zugehörigkeit einer wissenschaftlichen Einrichtung zum Wirtschaftsministerium ist. Eine Institution, die sich eigentlich alleine der seriösen Wissenschaft verpflichtet sehen sollte, darf nicht irgendwelchen Interessen untergeordnet werden. Man kann nun spekulieren, was bei der Studie herausgekommen wäre, wenn die BGR in gleichen Teilen auch dem Umweltministerium und dem Forschungsministerium unterstehen würde. Aber man darf getrost annehmen: Das Ergebnis wäre ein anderes.

BERNWARD JANZING