„Zimmer frei“ endet 2016: In Würde altern
Die WDR-Sendung „Zimmer frei“ wird im kommenden Jahr eingestellt. Die Moderatoren fühlen sich zu alt, um weiter Kindergeburtstag zu spielen.
![](https://taz.de/picture/72331/14/zimmer_frei_dpa_200115.jpg)
Der letzte Kindergeburtstag im deutschen Fernsehen geht dem Ende entgegen. Die WDR-Sendung „Zimmer frei“ wird nächstes Jahr eingestellt. Komoderator Götz Alsmann sagte im Gespräch mit der Süddeutschen Zeitung, dass sie 2016 aufhören. Die Show sei sein erfolgreichstes Projekt gewesen, „man muss aber auch sehen, dass ich, als es losging, Ende 30 war. Und jetzt bin ich ein Mann von fast 60.“ Der WDR bestätigte am Dienstag die Einstellung des „Juwels im Unterhaltungsprogramm“.
Überraschend ist die Nachricht nicht. Schon im November 2014 hatte Komoderatorin Christine Westermann im SWR-Nachtcafé erzählt, sie wolle aufhören. Westermann sagte, der WDR habe sie schon 2013 gefragt, wie lange sie die Sendung noch machen wolle. Ganz freundlich, ohne Druck. Sie habe dennoch geweint, weil sie nicht damit gerechnet hatte. „Vielleicht sehe ich gar nicht, wie alt ich bin“, sagte sie. „Ich bin sehr selten 66, im Kopf bin ich viel jünger.“ Sie habe sich gezwungen, mal wieder eine Sendung anzusehen, und gemerkt, dass sie schwerer hochkomme, sich nach Spielen am Küchentisch hochziehe. „Das hat mich traurig gemacht.“
66 ist sie schon? Und der Alsmann auch schon 57? Man hat gar nicht mitbekommen, wie die beiden gealtert sind. Denn so sehr sich das Fernsehen in den vergangenen 20 Jahren gewandelt hat, so bewährt blieb das Sendekonzept von „Zimmer frei“:
Ein prominenter Gast bewirbt sich um ein freies WG-Zimmer. Man isst, man trinkt, irgendwann wird gespielt, geraten und musiziert. Nachbarn kommen zu Besuch (Cordula Stratmann erlangte als Annemie Hülchrath dank „Zimmer frei“ Kultstatus), Einspielfilme werden gezeigt. Christine Westermann besichtigt mit dem Gast das Zimmer auf der Empore. Dann wird es besinnlich, ruhig, ernst. Bis der Kindergeburtstag unten weiter geht. Und zum Schluss zeigt das Publikum dann vier Millionen grüne und meist nur drei rote Karten.
Die Zuschauer wussten stets, was sie erwartet, und dennoch war „Zimmer frei“ selten langweilig. Alsmann und Westermann waren schmerzfrei, schamlos. Unvergessen, wie sie Moderator und Legastheniker Cherno Jobatey eine Buchstabensuppe vorsetzten und es zum Eklat kam. Als Satiriker Martin Sonneborn sie eine Stunde lang auflaufen ließ, die Sendung zum Kampf wurde, hatte man beinahe Mitleid.
Irre Spiele, leichte Besäufnisse
Im Groll gehen die Moderatoren und der Sender nicht auseinander. Westermann und Alsmann haben das Ende ihrer Show letztlich selbst bestimmt. Es ist ein ganz natürlich Weg. „Zimmer frei“ läuft seit 1996 Sonntagabend im WDR. Zuletzt wurde die Schlagzahl zurückgefahren, immer weniger Sendungen pro Jahr wurden produziert.
Dass der WDR die Sendung nun beendet und nicht etwa neue Moderatoren sucht, ist respektabel. Denn „Zimmer frei“ lebte vor allem vom Esprit und der Aktivität der Gastgeber. Von irren Spielen, leichten Besäufnissen, dämlichen Verkleidungen. Kindergeburtstag eben. Und dafür darf man sich als 57-jähriger Mann und als 66-jährige Frau auch irgendwann man zu alt fühlen.
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